Nach dem Frühstück fahren wir ins Orang-Utan-Rehabilitationszentrum Sepilok. Hier leben schätzungsweise 400 Orang-Utans in einem großen Dschungel-Gehege, in dem sie, falls nötig, betreut und gefüttert werden. Wir kommen rechtzeitig zur ersten Fütterung des Tages und es ist unglaublich, wie viele dieser faszinierenden, großen Affen wir sehen. Es ist fast unheimlich wie sie in Verhalten und Aussehen dem Menschen ähneln. Es gibt auch eine „Orang-Utan-Kinderstation“, wo man die jüngeren der Art beim Spielen beobachten kann, ob auf dem Spielplatz oder einfach nur beim Purzelbäume schlagen auf der Wiese. Man könnte ihnen den ganzen Tag zusehen und es ist schön, dass sie so viel geschützten Lebensraum für sich haben 😍 Die mit den besseren Kameras machen teils beeindruckende Bilder. Ich bin in dem Fall zumindest dankbar für die Linse in meinen Augen 😆
Anschließend gehen wir noch in den nebenan liegenden „Borneon Sun Bear Conservation Centre“ und bekommen auch die Möglichkeit, aus nächster Nähe ein erstaunliches, megaknuffiges Tier zu beobachten: den „Sun Bear“, den kleinsten Bären der Welt. Einfach nur zum Mitnehmen. Wie ein kleines Wildschwein schnüffelt er durch die Gegend und schaut, was es zu entdecken gibt 😊
Die Lodge, in der wir heute wohnen, ist von den Zimmern her recht einfach, doch die Außenanlage ist wohl eine der schönsten, die ich je gesehen habe. Eine gepflegte Anlage mit Wiesen, Pflanzen, Blüten und Palmenarten die einem Fächer gleichen – inmitten des Dschungels an einem kleinen Fluss gelegen. Dazu ein toller Pool, in dem wir uns mittags erfrischen und ein wenig in der Sonne brutzeln. Nach den Tagen frühen Aufstehens und der vielen Erlebnisse sind wir doch ein wenig geschafft, den ein oder anderen hat es auch erwischt – entweder erkältungs- oder Magen-Darm-technisch, darunter leider auch Kristina. Auch ich fühle mich abends seltsam und mag gar nicht darüber nachdenken, ob es Nachwirkungen irgendwelcher Stiche sind 😬
Nun hatten wir auf der Tour schon so viele Highlights und wissen am nächsten Morgen noch nicht, dass uns ein weiteres erwartet. Wir fahren erst ein Stück mit dem Bus, anschließend geht aus auf ein kleines Schnellboot, mit dem wir eine Dreiviertelstunde zur Schildkröteninsel „Libaran“ fahren. Wir haben Glück, es ist Flut und wir können bis an die Insel heranfahren. Was wir hier vorfinden, ist ein kleines Paradies. Feinpudriger Sand, Mangroven im hellblauen Wasser, grüner Wildwuchs auf der Insel. Direkt am Strand ist ein Pavillon aufgebaut, darunter ein Tisch liebevoll für uns hergerichtet. Wir beobachten, wie sie diverse Lebensmittel vom Boot in Schubkarren hieven, denn auf der Insel gibt es nichts. Wir rechnen aus diesem Grund mit spartanischem Essen. Fehlgedacht. Uns wird das beste Essen serviert, das ich vermutlich bis dato hatte 😋 Ein weiteres Abenteuer wartet, denn heute übernachten wir in Zelten. Als ich es im Itinerary las, dachte ich an solche, die man für die Kinder im Garten aufstellt, hineinkrabbelt und nachts kein Auge zutut, weil es ungemütlich ist und man in jedem Geräusch ein gefährliches Tier wittert 😅 Wieder fehlgedacht. Es stehen je zwei gemütliche Betten darin, eine kleine Kommode und ein Standventilator. Wir sind begeistert. Nach dem Essen haben wir Zeit zur freien Verfügung, die wir sehr unterschiedlich nutzen. Ich selbst laufe zu einem Teil der Insel, wo keine Menschenseele ist, lege mich in den Strand, hänge meinen Gedanken nach und genieße einfach nur das Sein.

Am späten Mittag heißt es, wir gehen in das Dorf auf der anderen Seite der Insel. Ja wie, da gibt es Zivilisation? Das hätte ich nicht vermutet, da wir außer den wenigen Einheimischen, die uns bewirten und denen, die sich um die Schildkröten kümmern, bislang niemanden gesehen haben. Auf dem Weg dorthin kommen wir an Strandabschnitte, die uns fast Tränen in die Augen treiben, so viel Müll liegt hier herum. Unser Insel-Guide erklärt uns, dass sie es jeden Tag säubern könnten, doch die Fluten schwemmen täglich Neues an, vorwiegend Plastik 😳 Wir kommen an das kleine Dorf und ein wenig erhellen sich unsere Gesichter als wir sehen, was sie hier zumindest aus dem Müll, man muss sagen gezaubert haben. Plastikflaschen, die mit buntem Wasser befüllt in der Erde um Palmen herum im Boden stecken, bemalte zurecht geschnittene Plastik, die als Mobiles an den kleinen Hütten hängen, sogar ein ganzes Häuschen aus Plastikflaschen, die zwischen die Holzbalken gesteckt sind. Wir erfahren, dass auf der Insel ca. 500 Menschen leben, sehen die Schule, die „Behörde“, ein muslimisches Gebetshaus und die inseleigene Klinik, bestehend aus einem Arzt und drei Krankenschwestern. In Notfällen kommt der Helikopter. Wir sehen Kinder unter anderem mit dem Müll am Strand spielen, alte Frauen, die auf der Veranda sitzen, jüngere, die Mangos von den Bäumen holen. Ich gehe ein Stück mit dem Einheimischen und frage ihn, ob er glaubt, dass die Menschen hier glücklich sind. Er bejaht und sagt, dass sie innerlich zufrieden sind, vermutlich, da sie wenig Geld haben und in der Natur statt im Materialismus leben. Das Dorf sei eine große Gemeinschaft, in der jeder einander hilft und unterstützt. Einnahmequellen gibt es nicht viele, Fischfang, kleine Boote und Kanus, die von den erfahrenen Männern gebaut werden, Kokosnüsse, die den wenigen Touristen als Getränk angeboten werden, dazu die Plastiksouvenirs. Aber sie sind glücklich. Ein unbeschreibliches Gefühl, auf zufriedene, glückliche Menschen zu treffen, die so leben, wie wir es vermutlich gar nicht könnten – ohne Handy beziehungsweise Empfang, Fernseher, Einkaufsläden und sonstiger Ablenkungen im Außen. Den Frieden und die Ruhe hier spürt man förmlich und doch möchte man etwas tun, um hier irgendwie zu unterstützen, was es vermutlich gar nicht braucht. Sie haben einen Brunnen und die Natur schenkt ihnen unterschiedlichste Nahrung.

Auf dem Rückweg kommen wir zur Schildkröten-Brutstation und erfahren alles rund um die Schildkröten. Sie legen bis zu 100 Eier in der Größe und dem Aussehen eines Tischtennisballs und gehen direkt danach wieder ins Meer zurück. Die Eier werden von Menschenhand eingesammelt, in der Erde vergraben und durch einen kleinen Zaun geschützt, damit sie nicht von anderen Tieren gefressen werden. Leider werden Schildkröteneier auch geklaut und auf dem Schwarzmarkt verkauft.
So werden am geschützten Brutplatz kleine Holzlatten mit der Anzahl der Eier, dem Datum und falls es eine registrierte Schildkröte ist, auch mit deren Code, beschriftet. Ich bin beeindruckt, wie viel sie hier für die Tiere tun.
Wenn wir Glück haben, können wir in der Nacht beides erleben, sagt man uns, also sowohl frisch Geschlüpfte in ihre Freiheit entlassen, als auch eine Schildkröte beim Eier legen beobachten. Ob das ausgerechnet an diesem Abend passiert, wir sind gespannt.

Wieder erwartet uns ein zauberhaftes Essen und wir sitzen gemütlich beisammen. Etwas komisch zumute wird uns, als zwei „Wachmänner“ oder besser „Wachjungs“ mit Maschinengewehr herumlaufen. Gefahr? Durch Tiere? Menschen? Wir fragen. Es kommt schon mal zu Piraterie und Überfällen auf die Insel durch Philippinos. Man kann eine der philippinischen Inseln von hier aus auch sehen. Fühlt sich merkwürdig an, aber dadurch, dass die Jungs so nett sind, denken wir nicht weiter darüber nach.
Da weder eine Mutterschildkröte noch Frischlinge gesichtet wurden, wird uns eine Dokumentation gezeigt. Kaum ist sie fertig, werden wir gerufen, da Junge geschlüpft sind. Sie bringen sie in einem Eimer an den Strandabschnitt, an dem wir sind. Wir dürfen ihnen Namen geben und ihnen zusehen, wie sie das erste Mal liebevoll vom Wasser getragen werden. Manche gehen den Weg zum Wasser zu zweit, andere alleine, ein paar wenige laufen in die falsche Richtung und wir dürfen sie unterstützen, indem wir sie drehen. Ein berührender Moment, zumal sie von Anfang an auf sich alleine gestellt, den Weiten des Meeres ausgesetzt sind. Faszinierend, wie sie das hinbekommen 😊

Und wieder geht ein fast unbeschreiblicher Tag des Erlebens zu Ende. Wir sitzen noch ein wenig zusammen, unterhalten uns, lachen, trinken Bierchen, essen Chips und andere fiese Sachen bevor wir in unsere Zelte gehen. Gerade legen wir uns ab, wollen noch den Wecker stellen, als Fab in seiner Bundeswehrstimme „Turtel-Time“ über den Platz brüllt. Okay, das bedeutet dann wohl, dass eine Mutterschildkröte gesichtet wurde. Keine Zeit zum Umziehen, lediglich um in die FlipFlops zu steigen und nach der Stirnlampe zu greifen. Ich denke, das Ganze spielt sich wieder in unserer Nähe ab. Pustekuchen. Wir marschieren (und ich meine wirklich marschieren) fast bis zum Dorf, in dem wir heute waren. Im Dunkeln, bei Flut, über Müll, Geäst, Muscheln und umherliegenden Korallen. Manchmal entdecken wir zwischendurch Riesenkrabben und bleiben stehen, gehen dann aber weiter, immer alles entsprechend der Gruppendynamik 😆 Wir kommen irgendwann an, es sitzen ein paar Männer im Sand, andere stehen an einem Strauch und wir sehen genau gar nichts. Wir werden angehalten, unsere Lampen auszuknipsen, bevor eine große angemacht wird. Und da sehen wir sie, die ca. 80 Zentimeter große Schildkröte und die ersten Eier. Ganz ehrlich, wieder fühle ich mich wie ein Eindringling. Ich meine, im Kreißsaal finden schließlich bei Entbindung auch keine Führungen statt. Fast meint man den Stress des Tieres zu spüren, das sich irgendwann aus der Kuhle hebt und Richtung Wasser robbt. Sie hat Mühe, zumal eine große Plastikflasche unter ihr ist. Dann wird sie noch festgehalten, da überprüft wird, ob sie bereits registriert ist. Sie können es nicht feststellen und lassen sie zum Glück auch direkt weiterziehen. Noch einen Moment können wir sie im Wasser beobachten, bis sie schließlich in das dunkle Meer abtaucht. Auf seine Art irgendwie auch ein trauriger Moment. Es fängt an zu nieseln und in den rutschigen FlipFlops geht es den ganzen Weg wieder zurück, mit Halt bei der Brutstation, wo die Eier verbuddelt werden. Da darf nämlich nicht zu viel Zeit vergehen.

Durchgeschwitzt und nass vom Regen sind wir dann irgendwann platt wie Schnitzel wieder im Zelt. Da haben wir doch tatsächlich beides erleben dürfen, was für ein Glück. Jetzt hoffe ich nur noch, dass das Zelt dicht bleibt 😁