Debbie fährt mich und zwei andere Reisende zum Bus und sagt, dass unser Ziel ja gerade sehr gefährdet sei, da die nächsten Tage ein Zyklon erwartet wird 😳 Prima, nach Erdbeben und Monsunregen, jetzt noch ein Zyklon – ich sage ja „all inclusive“ 😬 Ich weiß nicht, ob die anderen beiden ein Paar sind, auf jeden Fall haben sie Stress und von dem Typen geht eine so enorme Aggression aus, dass ich Angst habe, dass er völlig austickt. Ich versuche mich mal, in Ruhe ausstrahlen und übertragen, suche im Bus das Weite von den beiden. Der Platz an dem ich lande ist ehrlich gestanden auch von seltsamen Menschen umgeben, aber was soll’s, besser seltsam als aggressiv. Wie gut, dass ich richtig viel schlafen kann. In Airline Beach angekommen, nehme ich die 10 Minuten Fußweg auf mich, als es auch schon anfängt zu regnen ☹ Dieses Hostel ist eines der wirklich schlechtesten, in denen ich bislang war – heruntergekommen und dreckig. Es ist nur noch ein Bett oben frei, schwer zu besteigen, nur 80 cm breit und keinerlei Absicherung. Na wenn das mal gut geht. Ich kann nicht wirklich jammern, es ist erst das zweite Mal, dass ich oben schlafen muss und man gewöhnt sich schließlich an alles, wie ich auf der Reise lernen darf 😉

Ich laufe in den Ort und treffe Marvin kurzfristig zum Mittagessen. Er ist kurz vor Aufbruch zu seinem dreitägigen Segeltörn auf die Whitsundays, ich gehe anschließend in das entsprechende Reisebüro, um meinen auf dem Katamaran zu bestätigen, voller Bange, ob er wegen des Wetters überhaupt stattfindet. Tut er, ich kann einchecken. Zurück im Hostel erzählen etliche, dass ihr Trip abgesagt wurde und freue mich, dass meiner klappt, was mich allerdings gleichermaßen irritiert. Die Freude hält auch nur wenige Stunden, da schließlich auch meiner gecancelled wird. Oh man, bin ich enttäuscht. Die Whitsundays sind immerhin der Grund, warum ich überhaupt an der Ostküste bin! Sie bieten mir alternativ einen Tagestrip am nächsten Tag an, da der Zyklon erst fürs Wochenende erwartet wird. Alles klar, mache ich natürlich. Da Lukey für die Abwicklung zuständig ist, muss ich auch ihn kontaktieren, was mir nur deswegen gelingt, weil er auch nach Feierabend noch für seine Kunden da ist 🤩 Also ist mein Alternativprogramm nun morgen der Tagestrip und am Montag ein Scenic Flight über das Reef und die Inseln. Und ich finde, dass das am Ende vielleicht sogar besser so ist und so sein musste. „Natürlich musste es so sein, sonst wäre es nicht so“, sagt meine Mutter dazu, Recht hat sie 😆

Ich warte mit zwei junge Briten, die ich sogar richtig gut verstehe 😉 vor dem Hostel auf unseren Pick-up. Nach dem Check-in sitzen wir irgendwann auf dem Boot, lauschen den Sicherheitsanweisungen und den Programminfos für den heutigen Tag. Oh, Schnorcheln, das wusste ich gar nicht, überlege, ob ich weiter „Schiss“ habe, erinnere mich, dass ich am Great Barrier Reef schon mal begeistert schnorcheln war, denke also nicht weiter darüber nach, sondern werde das einfach tun. Und so fahren wir hinaus aufs Meer, zu den „Whitsunday Islands“. Hm, das hatte ich mir anders vorgestellt. Denn das was ich sehe, sind grün bewachsene Inseln in einem normal farbigen Meer. Es könnte ein See in der Schweiz oder in Kanada sein, wo wir da rumschippern. Wir legen vor der „Hook Island“ an, um zu schnorcheln. Vorher presse ich mich noch in einen Neoprenanzug, der wegen der Stachelrochen Pflicht ist. Mit einem kleinen Boot werden wir vom großen weggefahren und dürfen uns, als wir soweit sind, einfach rücklings ins Wasser fallen lassen. Irgendwie lustig. Und dann beginnt auch schon das Abenteuer. Die Korallen schimmern in den unterschiedlichsten Farben und Tönen, dazwischen unglaubliche Fische – bis zu 60-70 cm große, kleine, gestreifte, gepunktete, anderweitig gescheckte, leuchtend blaue und gelbe, regenbogenfarbige und auch dunkle, die einen grimmigen Gesichtsausdruck haben. Was für eine Welt da unter Wasser – schöner und vielfältiger als die direkt oberhalb. Ich bin begeistert, auch davon, dass es mich null Überwindung gekostet hat. Was für ein einmaliges Erlebnis. Nemo finde ich nicht, auch begegnet mir keine Schildkröte oder gar ein Babyhai wie anderen Schnorchelnden. Ich schwimme zurück zu unserem Boot, pelle mich aus dem Outfit und bin immer noch so angetan, von dem, was ich da sehen durfte.
Wir fahren weiter, um eine halbe Stunde später auf einer weiteren Insel anzulegen und den „Hill Inlet Lookout-Walk“ zu gehen. Oben angekommen, macht der Anblick mich einfach nur sprachlos. Oh. Mein. Gott. Was ich dort sehe, übertrifft definitiv ALLES, was ich jemals je gesehen habe. Oft dachte ich schon, im Paradies gewesen zu sein, aber das wahre ist hier, am „Whitehaven Beach“. Ich kann mich nicht recht zwischen Fotos machen und genießen entscheiden und bemühe mich um eine gute Mischung. Unglaublich, wirklich einfach unglaublich.
Zurück auf dem Boot, gibt es ein Lunch, während wir weiter cruisen und ich immer noch versunken bin in dem zuvor Erlebten.
Wir fahren an verschiedenen anderen Booten vorbei und nun ratet mal, wen ich auf einem davon erblicke – genau, Marvin. Ist schon lustig, die Welt irgendwie klein.
Unser letztes Ziel ist ein Strand, an dem wir zwei Stunden Zeit haben. Wir dürfen auch hier nur mit Anzug ins Wasser, weswegen ich verzichte und mich fürs Sonnenbaden und Spazieren entscheiden. Der Sand ist nicht nur weiß und blendet in den Augen, er quietscht auch unter den Füßen, so fein ist er. Das habe ich so bislang auch noch nie erlebt. Ich beobachte, wie andere auch ohne Anzug im Wasser schwimmen und habe Respekt, zumal es in den letzten Wochen einige Haiattacken gegeben hat, die in einem Fall leider auch tödlich ausging, in einem anderen das Bein eines jungen Mädchens amputiert werden musste ☹ Da ich viel zu jung schon den „Weißen Hai“ geschaut habe, brauche ich dieses Adrenalin nicht. Weise, denn nach einiger Zeit, geht ein Typ im Neopren ins Wasser, schreit und rennt wieder heraus. Wie ich schaue, sehe ich auch nur noch den großen dunklen Schatten im türkisblauen Wasser und wir vermuten, es war ein Hai…
Was für ein traumhafter Tag, den ich gewiss nie vergessen werde und für den ich sehr, sehr dankbar bin.
Ich lasse mich in der kleinen City rauswerfen, gehe noch etwas einkaufen und essen, um den Tag genau so erfüllt zu beenden.
Auch am Samstag verbringe ich eine Zeit lang im Ort. Viele hatten gesagt, er sei so touristisch und nicht wirklich schön. Das kann ich nicht teilen, ich mag ihn. Natürlich ist er touristisch, aber auf eine angenehme Weise wie ich finde. Ich entdecke die künstlich angelegte Lagune. Das sind verschiedene Pools, in denen man schwimmen kann, mit Blick aufs Meer, in dem man hier leider nicht schwimmen kann. Eine nette Idee und gewiss attraktiver als ein klassisches Schwimmbad. Zudem überall die Häfen mit unfassbar schönen, großen und kleinen Yachten. Da würde mir die ein oder andere auch durchaus gefallen 🙃 Ach so, und unterwegs treffe ich erneut – Marvin 😆 Nun aber definitiv das letzte Mal, zumindest in Australien, denn für ihn geht es langsam wieder zurück nach Hause.
Heute gönne ich mir mal einen guten Cappuccino und ein Stück Kuchen. Wie manchmal samstags daheim in Baden-Baden. Interessant, egal wie weit weg ich bin, ist das Gefühl für Samstag und Sonntag immer vorhanden, irgendwie schön.
Im Hostel lerne ich nach und nach andere Reisende kennen, führe hier und da mal einen Smalltalk. Der Abschuss kommt, als mich eine Holländerin fragt, woher ich komme, aus welchem Ort, als ein anderer die Frage wiederholt und mir auf englisch sagt, er sei aus Wintersdorf. Ich lache schallend, da es ein kleiner Ort ca. 15 Fahrminuten von Baden-Baden entfernt ist. Es zeigt sich mal wieder, die Welt ist ein Dorf 😆 Wesentlich intensiver verlaufen die Gespräche mit den Mädels in meinem Zimmer. Vor allem mit Jennifer aus Kanada passt es wie „Arsch auf Eimer“, wir führen tolle Gespräche. Auch mit der Italienerin und der Australierin, die insgesamt jedoch eine andere Wesensart haben. Und so ist es auch immer wieder spannend, zu sehen, mit was für Menschen Dich das Schicksal zusammen führt.
Der Zyklon bleibt aus, dafür haben wir sonntags heftigen Dauerregen. Nun muss ich schon wieder zittern, dieses Mal wegen des Rundfluges… Eigentlich wollten Jennifer und ich wandern gehen, doch bei dem Wetter unmöglich. So verbringen wir den Mittag mit weiteren unglaublichen Gesprächen. Zwei Menschen aus zwei unterschiedlichen Ländern, auf zwei Kontinenten mit einer unfassbar ähnlichen Geschichte… Und so fangen wir an, uns immer besser zu verstehen und nicht nur unsere Storys zu teilen. Jennifer macht uns einen richtig tollen, gesunden Salat, sie isst von meinen Erdnüssen, trinkt mein Wasser, nutzt meinen Conditioner. Ein Freundschaftsgefühl stellt sich ein. Wir beschließen abends gemeinsam Essen zu gehen und haben Glück mit einer Regenpause. Sie meint, wir könnten noch auf ein Getränk in die nächste Bar, was wir auch tun. Sie ist so lustig und gleichgesinnt. Wir treffen auf Christine aus Passau, unterhalten uns ein wenig, dann meint Jen wir könnten Leute anquatschen und nach ihrer Lebensgeschichte fragen. Sie ist noch durchgeknallter als ich und so beginnt unser Abenteuer des Abends, das uns an unterschiedliche Tische zumeist zu Australiern führt, anschließend zum Pool spielen mit einem langweiligen Onkel und seinem versnobbten Neffen, bevor wir auf weit geselligere Einheimische treffen, die uns wiederum in eine Art Open Air-Club bringen. Weitere Details lasse ich aus, ich kann nur sagen, wir haben viel Spaß, sehr viel sogar 😝 Und wir verstehen uns blind, manchmal reicht schlicht der Augenkontakt und wir wissen, was die andere meint. Zurück im Hostel giggeln wir noch ordentlich herum, bis es vermutlich nach drei ist, bis wir schlafen. Um sieben klingelt mein Wecker für den Rundflug, dazwischen ist mein Schlaf nicht durchgehend und ich frage mich, wie ich den Flug überleben soll…

In einer Cessna fliegen wir hinaus aufs Meer. Zunächst wieder über die vielen grün bewachsenen Inseln, bevor der atemraubende Blick auf das „Great Barrier Reef“ folgt. Es ist, als würde ich im Weltall über einem anderen Planeten fliegen. Es ist tatsächlich so, wie man es von all diesen Postkarten und Google-Bildern kennt. Erneut bin ich mehr als geflasht. Es kann eigentlich nicht mehr viel kommen und doch steht mir das Highlight noch bevor, als der Pilot 5, 4, 3, 2, 1 herunterzählt und mein Traum in Erfüllung geht: ich erblicke unter mir das „Heart Reef“. Ich bin so erfüllt, dass Tränen der Dankbarkeit in mir aufsteigen.
Die ersten 45 Minuten hält das Wetter, dann wird es diesiger und fängt an zu regnen… und zu wackeln 😬 Der Moment, in dem ich den letzten Abend wieder spüre und regelrecht anfange zu beten, die nächsten 15 Minuten durchzuhalten. Schweißausbrüche. Ich fühle mich immer schwächer, frage mich, ob ich irgendjemandem sagen soll, wie schlecht es mir geht. Aber wem? Der Pilot muss fliegen, das andere sind auch nur Passagiere. Da spricht mich das Mädel neben mir an und ich denke „wie aufmerksam, sie hat es wahrgenommen“, als sie fragt, ob ich ein Foto von ihr machen kann. Mit großer Beherrschung, mir ist fast schon schwarz vor Augen, mache ich also auch das. Und bin der glücklichste Mensch, als ich kurze Zeit später – gefühlt natürlich nach einer Ewigkeit – wieder Boden unter den Füßen habe. Ich pumpe als erstes Wasser in mich hinein, setze mich einen Moment. Puh, gerade nochmal gut gegangen. Ich weiß, dass das sicher nicht vernünftig war die vergangene Nacht, aber ich feiere die Feste nun mal wie sie fallen, mit allen Konsequenzen 🤣
Unglaubliche schöne Tage neigen sich ihrem Ende. Und es ist spannend: in den schlechtesten Unterkünften treffe ich immer auf die besten Leute. Hat also alles ein „Für“. Der Abschied von Jen fällt mir schwer, ihr nicht weniger. An dieser Stelle ist sicher, wir sehen uns wieder – ob in Kanada, Deutschland, Kroatien oder wo auch immer! Was für ein Geschenk…

 

Wer mich und meine Blog-Arbeit unterstützen möchte, gerne ☺ In Form von Einladungen auf der Startseite, auch direkt und gebührenfrei über Paypal: Tanja.1977@gmx.net oder per Banküberweisung: DE60 6625 0030 0030 2371 84.

Eine weitere Möglichkeit, mich zu unterstützen, und dabei selbst eine Prämie von 15 Euro zu erhalten, ist die Buchung bei booking.com über diesen Link: https://www.booking.com/s/35_6/30ab03b1

Von Herzen Danke für eure Wertschätzung und Unterstützung!