Über vier Stunden Busfahrt liegen vor mir, in denen ich wieder einmal die Weite, das Grün und dann wieder das Karge bestaune, mich nicht ablenke, sondern meinen Gedanken freien Lauf lasse, einfach bin. Bei so vielen Eindrücken und Begegnungen ist das immer wieder wichtig für mich, wenn auch nicht immer ganz einfach, sich gänzlich heraus zu nehmen und diesen Raum zu spüren.

Ich komme in Townsville an und bin ganz begeistert von diesem Städtchen und finde es direkt schade, dass ich hier nicht bleiben kann. Denn mein Weg führt mich mit der Fähre weiter nach Magnetic Island.
Was für eine ruhige, schöne & naturbelassene Insel. Es braucht eine weitere Busfahrt, bis ich am Ziel bin. Die „Bungalow Bay YHA Accommodation“ liegt mitten im Koala-Park der Insel und das Bungalow, das wir uns zu acht teilen, ist richtig schön. Die Klänge der unterschiedlichen Vögel und anderen Tiere sind faszinierend. Ein Ort, an dem man gut und gerne bleibt. Zufällig komme ich dazu, als es Zeit ist, die unzähligen wilden Loris, eine Papageien-Art, zu füttern. Auch ich bekomme einen ordentlichen Haufen der sämigen Futtermasse in meine Hand, als ich direkt etliche Krallen auf meiner Hand und in meinem Arm spüre und es werden immer mehr. Auf den Kopf, die Schultern, sie setzen sich überall hin. Wie unerschrocken sie sind, so bunt & leuchtend, so schön. Ich kann kaum glauben, wie viele es insgesamt sind und was für einen Geräuschpegel sie verursachen. Nachdem das Futter bei mir alle ist, muss ich mich direkt waschen gehen, denn das Zeug hängt überall und meine Arme sind zerkratzt von oben bis unten, als wäre ich durch eine Dornenhecke gegangen 😬 Wie ich dem Treiben dann weiter zuschaue, entdecke ich Christine, mit der ich mich sonntags mit Jen in der Bar unterhalten hatte. Witzig. Wir gehen auch direkt zusammen an den Strand, holen uns vorher eine eiskalte Limo und Christine erzählt von ihrer Arbeit, ihrem Leben, ihrer Familie, bis die Sonne untergeht 😆

Für den nächsten Morgen habe ich ein „Frühstück mit Koalas“ gebucht und bin absolut erstaunt über das, was hier angeboten wird. Nach einem Begrüßungsgetränk gehen wir zunächst zu den Lizzards, die wir auch selbst halten dürfen. Fühlt sich seltsam, aber irgendwie auch nett an und es ist lustig, die blaue Zunge des „Blue Tongue Lizard“ zu beobachten. Es wird uns alles Mögliche über die Tiere erzählt und erklärt. Zu viel, zu lange, ich habe Hunger 🤣 Dann geht es auch schon los. Das Frühstück wird wahrscheinlich das Beste bleiben, das ich in Australien in der Form bekomme. Birchermüsli, Obst, selbstgemachte Pancakes, original Nutella 😋 Burger und anderes Warmes, verschiedene Getränke. Wir sitzen zu viert am Tisch, wieder sehr international mit einer Kanadierin, Portugiesin und zum ersten Mal einem Kroaten-Mischling wie mich, allerdings ist Ivana Schweiz-Kroatin. Wir könnten das Frühstück noch eine weitere Stunde genießen, doch es geht weiter, ins Gehege zu den Koalas. Ich werde immer und immer wieder begeistert von diesen drolligen Geschöpfen bleiben, egal wie oft ich sie sehe. Wir können sie streicheln und uns mit ihnen fotografieren. Sie sehen übrigens weicher aus als sie sich tatsächlich anfühlen, es ist trotzdem ein außergewöhnliches Gefühl. Auf den Arm nehmen geht nur, wenn man ein Foto bucht. Aber ganz ehrlich, 30 Dollar für ein Bild und wenige Sekunden? Ich bin auch dankbar für das Streicheln und den Augenkontakt ☺

Anschließend sind wir eine Gruppe von insgesamt sechs, die den „Forts Walk“ gehen, der durch die Geschichte des zweiten Weltkrieges sowie viel Buschland führt und schließlich eine gigantische 360 Grad-Sicht auf die Insel bietet. Absolut gigantisch. Es erinnert mich sehr an Kroatien. Viel felsiges Land, in diesem Fall hier Vulkangestein, das jedoch dicht bewachsen ist und viele schöne Buchten bietet.
Das Einzige was uns zu schaffen macht, ist die Hitze. Es hat über 35 Grad, wir haben kaum noch Wasser und die Wasserstelle unterwegs geht, zumindest für mich, gar nicht. Wie so oft hier, ist das Wasser gechlort und schmeckt einfach nur widerwertig. Nichts desto trotz nehme ich, als einzige, auch den Rückweg zur Unterkunft zu Fuß statt den Bus zu nehmen, die anderen fahren noch an den Strand. Entsprechend, fast schon dehydriert komme ich an, will mich ausruhen, bekomme es nicht hin. Erst sprechen mich Neuankömmlinge an, später klopft es an der Tür und mein Typ wird verlangt. Mimi aus der „Wandergruppe“ fragt, ob ich abends mit ihr Fisch essen gehe, weil sonst niemand möchte. Ich hatte ihr nicht gesagt, in welchem Zimmer ich wohne und bin daher sehr erstaunt. Das bin ich auch deswegen, da mich irritiert, wer die letzten Tage, um nicht zu sagen schon die ganze Zeit in Australien alles den Kontakt sucht, etwas mit mir machen möchte oder mir immer wieder schreibt. Viel Ähnlichkeit haben wir alle nicht unbedingt miteinander, aber gut, ich nehme die Dinge ja dann auch so, wie sie kommen 😊 Das Essen schmeckt wunderbar und wie sich später herausstellt, ist der Besitzer Deutscher und lebt seit neun Jahren hier. Er war damals selbst auf Reisen, dann ging sein Camper auf der Insel kaputt und er blieb. Mit einem Augenzwinkern hatte ich der Bedienung gesagt, dass das Essen fabelhaft war, allerdings die angepriesenen Cherry-Tomaten darin fehlten, Andy hatte es mitbekommen. Da er bei uns in die Unterkunft zum Feierabendbier kommt, was scheinbar eine Art Treffpunkt ist, lädt er mich zur Entschädigung auf selbiges ein. Ein australischer Freund von ihm ist mit dabei, ich lerne viel über die Insel, das Leben hier und finde es mal wieder hochspannend, wer da aufeinander trifft. Später, auf dem Weg in mein Bungalow, werde ich von zwei Opossums begleitet. So süß. Sehen aus wie Mäuse, sind allerdings größer, das kleinere wie eine Ratte, das größere wie eine Katze. Sie laufen vor mir her, bleiben stehen, drehen sich um, mustern mich, gehen weiter, bleiben wieder stehen, drehen sich um… Ich bin ganz verzückt, spreche mit ihnen, wie ich das mit Tieren gerne mache… solange niemand zuschaut 😆

Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren und bin dankbar, dass Matteo an der Rezeption erwähnt, dass ich zwei Nächte bleibe, ich wäre sonst drei geblieben und hätte Fähre, Bus und letztlich Weiterflug verpasst 🤣 Und so fahre ich am nächsten Tag weiter nach Cairns zur Zwischenübernachtung, bevor ich nach Westaustralien fliege. Länger wollte ich nicht bleiben, da ich vor zehn Jahren bereits hier war und den Ort jetzt nicht so überdrüber fand, außer natürlich die Zeit draußen auf dem Great Barrier Reef.
Als ich in Cairns ankomme, bin ich erstaunt, dass ich von der Stadt gar nichts wieder erkenne. Seltsam. Um schnell noch etwas zu essen, gehe ich ins gegenüberliegende Shoppingcenter und werde „erschlagen“ – von Menschen, die ihre letzten Weihnachtseinkäufe tätigen. Zu viel für mich nach dieser ruhigen Inselzeit und fernab jeglichen Weihnachtsgefühls. Hier und da ein geschmückter Baum und ein paar Lichter, die man in der Sonne nicht einmal sieht 😆 Ich übernachte erneut in einem YHA und werde der offiziellen Jugendherberge treu bleiben. Hier ist es sauber und gut organisiert, darauf ist Verlass.
Später schreibe ich noch, als eine Frau vorbei hinkt und sich neben mich setzt. Ich denke, dass sie vielleicht eine Gehbehinderung hat, als sie mir erzählt, was passiert ist. In dem Moment fällt mir auch auf, dass sie sockig herum gelaufen war. Sie habe zwar Sonnencreme benutzt, aber wohl nicht genug und hatte offene Schuhe getragen. Und dann zeigt sie mir, was ich mir mit offenem Mund und aufgerissenen Augen anschaue. Auf jedem Fuß eine Blase in der Größe eines Hühnereies. Sie möchte mit ihrem Mann in die Apotheke, damit diese aufgestochen werden 😬 Na wenn da mal nicht ein Arzt notwendig ist… Jetzt erst wird mir die Kraft der Sonne hier bewusst und ich verstehe die Schilder mit der Aufschrift „Sie befinden sich in einem Hautkrebs förderndem Gebiet“ 😳

Der einzig bezahlbare Flug rund um die Weihnachtstage ist am nächsten Abend und ich bin froh, dass Carolina, mit der ich in Rainbow Beach zusammen mit Antonio den Sonnenuntergang in den Sanddünen genossen habe, mir angeboten hat, das Zimmer in Perth für die erste Nacht mit ihr zu teilen. Es gilt, einen Aufpreis zu bezahlen und sie will sich den Wecker für meine Ankunft, mitten in der Nacht, stellen.
Da ich bereits um 10 Uhr in der Jugendherberge in Cairns auschecken muss und der Flughafenshuttle erst um 19 Uhr fährt, nutze ich die Zeit, um Stadt und Strandpromenade abzulaufen. Ich bin ganz angetan, denn wenn ich eines nicht vermutet hätte, dann diese Landschaft rund um die Stadt. So sehe ich zum Beispiel Pelikane, die im Wasser waten wie bei uns die Enten. Wie ungewöhnlich. Ich freue mich, dass ich Cairns dieses Mal mit einem anderen Gefühl verlassen darf ☺

Am Flughafen angekommen, wird uns nach Check-In und Sicherheitskontrolle mitgeteilt, dass unser Flug aufgrund der heftigen Stürme an der Ostküste zwei Stunden Verspätung hat. Wir müssen zwar nicht über die Ostküste fliegen, doch die Flieger können nicht rechtzeitig aus Melbourne, Sydney und Brisbane in Cairns landen. So darf ich mich in Geduld üben, was wahrlich nicht zu meinen Stärken gehört 🤪 Ich schreibe dann doch ein paar Weihnachtsnachrichten und bleibe entspannt, auch, als aus zwei Stunden, drei werden. Endlich das Boarding. Wir sitzen im Flieger, eine weitere Stunde vergeht. Dann die Wahrheit vom Piloten. Unser Flieger hatte nicht wegen der Unwetter Verspätung, sondern wegen technischer Probleme mit der Klimaanlage, die sich scheinbar gerade wieder zeigen. Sie lassen einen Techniker schauen und schließlich… wird unser Flug storniert und wir dürfen alle wieder aussteigen. Ich könnte mich aufregen, lasse es aber. Denn bei Flugzeugabstürzen beklagt immer jeder, dass man doch, wenn man ohnehin schon technische Probleme festgestellt hatte, nicht fliegen sollte. Insofern können wir dem Piloten doch nur dankbar sein. Trotzdem eine Odysee, denn bis alle Passagiere mit Informationen versorgt sind, vergeht wieder einige Zeit. Wir erhalten alle ein Hotelzimmer in der Stadt, sollen mit dem Taxi fahren, die Belege einreichen, um sie erstattet zu bekommen. Ein neuer Flieger stünde am nächsten Tag um 14 Uhr bereit. Ich teile mir das Taxi mit einer Holländerin, die ich aus dem YHA schon kenne, und einem Australier, der das Taxi zahlt, weil er sagt, für ihn sei die Abwicklung einfacher als für uns. Wie lieb. Da er Geburtstag hat, hat er mit uns beiden wenigstens eine nette Begleitung 😉 Und wir verabreden uns auch für den nächsten Tag, um wieder gemeinsam zum Flughafen zu fahren.

Mir tut es leid für Carolina, da ich sie die halbe Nacht auf Trab halte, die aber so lieb ist und mit dem Hotel alles klärt, so dass uns keine Kosten entstehen. Bis ich dann im Hotelzimmer bin, ist es 3:30 Uhr… Unser Flug ist übrigens nur einer von insgesamt sechs stornierten und wir fragen uns immer wieder, wie sie das organisiert bekommen, so viele Menschen kurzfristig unterzubringen – in der Hauptsaison wohl gemerkt. Da freue ich mich über mein Einzelzimmer, bin sowas von müde und kann schließlich nicht einschlafen. Die Flughunde, eine Art Riesenfledermäuse, tragen ordentlich dazu bei, denn ihr Lärm ist unbeschreiblich und ohrenbetäubend. Eine kurze Nacht, dafür abermals ein leckeres Frühstück am Morgen. Alles in allem, hätte ich es besser nicht erwischen können. Eine gratis Nacht im „Novotel Oasis Cairns“ inklusive Frühstück 😍 Mit dem richtigen Blick erkennt man dann doch auch die Geschenke des Lebens 😊 Außerdem bin ich überglücklich, dass ich mit der Ostküste rechtzeitig durch bin, denn tennisballgroßer Hagel, Unwetter und der „verspätete“ Zyklon blieben mir erspart.

Am nächsten Tag zittern wir erneut, da es wieder nicht pünktlich los geht. Und entgegen dem, was uns gesagt wurde, merken wir schnell, dass es sich um die gleiche Maschine handelt, denn es ist unfassbar heiß drinnen und ich würde sagen, es handelt sich nach wie vor um einen Defekt in der Klimaanlage. Ich bitte den Himmel, was auch immer kommt, überleben zu dürfen 🙏 Und dann geht es los…