Ich bin ja wirklich schon viel geflogen in meinem Leben, vor allem im letzten halben Jahr, aber das habe ich definitiv bisher nicht gewusst oder gehabt: Wifi im (!) Flieger. 15 Minuten kostenfrei. Das nutze ich natürlich, poste es und verschicke ein paar Nachrichten „aus dem Himmel“. Kristina, meine jüngere Schwester, ruft mich sogar an. Wie abgefahren ist das denn bitte. Ich gebe den Code nach der abgelaufenen Zeit einfach erneut ein und es klappt. Das mache ich dann insgesamt vier Mal, um mit meiner gesamten Familie ein Mal aus der Luft zu sprechen 😃 Meine Mutter erwische ich an der Ladenkasse, sie nimmt ab, entschuldigt sich bei der Kassiererin und sagt, dass ihre Tochter aus Australien anruft, als sich von hinten einer „einmischt“ und fragt, ob Tanja am Telefon ist – ein lieber Kollege von mir, der meine Mutter allerdings bisher nicht kannte, wie lustig 😊 Nach viel Spaß und einer Sitzreihe komplett für mich, lande ich in Christchurch, auf der Südinsel Neuseelands und… werde abgeholt. Denn, es hat sich ein weiterer Besuch ergeben, der spontaner nicht hätte sein können. Marianne, eine ehemalige Kollegin, hat nach einer Weihnachtsnachricht von mir, mit meinem beiläufigen Spruch, dass ich dachte, wir wandern mal in Neuseeland zusammen, geschrieben, dass sie zu allen Schandtaten bereit sei, falls ich es überhaupt mit ihr aushalten würde. Ich wusste, dass sie nach zehn Jahren Australien in Folge nun gerne mal nach Neuseeland wollte, aber damit hatte ich irgendwie nicht gerechnet und meinte, dass wir besser mal telefonieren. Kurz war ich überfordert, dann dachte ich, dass es ja keine Zufälle gibt, denn ich kam ja überhaupt nicht mit meiner Reiseplanung für Neuseeland voran, außerdem stand damit verbunden wohl noch eine Lernaufgabe vor mir, die ich erstmalig und bravourös gemeistert habe 😉 Denn ich habe ihr dann am Telefon einfach sehr ehrlich vorab ein paar „Fakten“ zu mir und meiner Art zu reisen gegeben, um Missverständnissen und falschen Erwartungen vorzubeugen und ihr somit die Entscheidung überlassen, zu sehen, ob das dann auch für sie stimmig ist: „Ich bin insgesamt sehr unkompliziert, aber: ich koche unterwegs nicht, möchte ungern links Auto fahren, einen Camper Van schon drei Mal nicht. Ich kann mir keine teure Unterkunft, Essen etc. leisten, möchte viel wandern und kenne außerdem einige, die zur gleichen Zeit da sind und falls sich jemand meldet, würde ich den ein oder anderen vielleicht gerne treffen wollen.“ Ihre Antwort war: „Ich bin auch ganz unkompliziert, brauche auch nicht viel zu essen (das meinte ich übrigens nicht, als ich sagte, ich koche nicht 🤣), nur meinen Kaffee morgens, Auto fahren ist kein Problem, auch Camper Van, einfache Unterkunft völlig in Ordnung und Tanja, wenn es nicht passt, trennen sich unsere Wege wieder, ganz einfach. Und wenn wir unterschiedliche Sachen machen wollen, gar kein Problem.“ Ja, so kenne ich Marianne und nehme ihr das genau so ab. Das war fast auch schon das gesamte Telefonat. Sie wollte noch meine Flugdaten und bucht ein paar Tage später einfach eben mal einen Flug. So kann es manchmal gehen. Tatsächlich muss ich sagen, würde ich nicht mit jedem auf meiner Weltreise so viel oder überhaupt Zeit verbringen wollen 😂 aber mein Gefühl hier ist wirklich ein gutes und wenn ich weiß, dass ich meinen Raum habe, wenn ich ihn brauche, uneingeschränkt so sein kann, wie ich bin und beide Seiten unkompliziert sind, dazu eine dicke Portion Positivität beim und Vertrauen ins Gegenüber, dann passt das und ich lasse mich gerne darauf ein ☺
Unsere Recherchen ergeben, dass ein Camper Van unbezahlbar ist. Schade, dieses Abenteuer hätte ich auf meiner Reise gerne auch erlebt. Wer weiß, es ist ja noch Kanada auf dem Programm und vielleicht tut sich noch ein Abenteurer auf, der einen fährt 😉 Auf jeden Fall teilen auch wir uns die „Arbeit“ – Marianne übernimmt alles rund ums Auto, ich die Strecken und Inhalte. Neben all dem anderen zunächst stressig für mich, doch ich weiß mir zu helfen. Ich frage vier völlig unterschiedliche Menschen, die teils vor Kurzem hier waren, nach ihren Highlights. Eine liebe Kollegin meiner älteren Schwester Jasna schreibt mir das sogar einfach so auf, obwohl sie mich nicht einmal kennt. Ich bin ganz gerührt von allem und dem was ich zurück bekomme. Jens hatte mir außerdem einen Reiseführer incl. einer Karte mitgebracht und ich markiere alle fünf Rückmeldungen darin. Das mache ich auch zum erstes Mal, denn meine Ordnungsliebe hat in meinen vorherigen fünfzig Reiseführern keine Markierungen erlaubt 🙄 Wie ich mich doch weiterentwickle, ich bin ja kaum zu bremsen 😆 Also ergibt sich fast natürlicherweise eine Route, ich nehme noch den Reiseführer hinzu, bespreche das alles mit Marianne beim ersten gemeinsamen Frühstück, passt. Geht doch manchmal viel einfacher, als ich denke. Und schon am ersten Morgen merke ich, dass das mit uns wirklich passt: beide spät-ins-Bett-Geher, kein Stress bzgl. Aufstehen oder Loskommen, gleiche Frühstücksvorlieben, Faible für Kaffee und Kuchen am Mittag 👏

Und so starten wir. Heute erster Programmpunkt: Christchurch. Wir drehen eine Runde mit dem Auto durch die Stadt, bevor wir parken und sehen schon, dass es ein überschaubares nettes Städtchen ist. Wir parken in der Garage der „Art Gallery“ und gehen zunächst zum auffallenden Riesenareal des „Arts Centre“, das an ein schottisches Schloss erinnert und freuen uns über den netten Markt dahinter, wo wir uns später Kaffee und Kuchen holen wollen 😋 Erst machen wir noch einen Abstecher in den Botanischen Garten und ich staune nicht schlecht, als ich ein Schild entdecke auf dem steht „Lazy Sundays – Free live music“. Den Soundcheck hatten wir bereits vernommen und ich finde den Neuseeländer jetzt schon cool 😎
Im Stadtkern sieht man leider noch die Auswirkungen der schweren Erdbeben von 2010 und 2011, vor allem an der Kathedrale, die immer noch halb eingestürzt da steht. Aber weitestgehend haben sie den Wiederaufbau abgeschlossen und neben alten, englisch-schottisch anmutenden Bauten, stehen nun neue, moderne, in denen Cafés, Restaurants, Wohnungen untergebracht sind. Die Stadt wirkt sauber und ist äußerst angenehm und vor allem grün. Ich mag die „New Regent Street“, die irgendwie zwergenhaft und surreal wirkt, dabei ganz lebendig und fröhlich ist. Touristen wie Einheimische sitzen hier draußen, schlürfen ein Getränk oder essen einen Snack, dazwischen immer wieder kleine Lädchen mit Allerlei, herrlich.
Auch wenn es sich nicht leicht gestaltet, finden wir irgendwann die von einem japanischen Stararchitekten designte „Cardboard Cathedral“, die als Übergangskirche dient und aus 98 Pappröhren besteht. Schön finde ich sie schon im Reiseführer nicht, doch irgendwie empfinde ich es als respektvoll, sie dennoch anzuschauen, nachdem das Wahrzeichen der Stadt zerstört ist.
Beim Spazierengehen sehen wir immer wieder Grünflächen mit „Lazy Sunday“-Musik und die Menschen wirken wirklich ausgelassen. Schön, dass wir ganz gemütlich einen ausgiebigen Eindruck der zweitgrößten Stadt Neuseelands, die ganz und gar nicht so groß wirkt, erhalten haben.

Zum Essen wollen wir nach Lyttleton, das in einem geschützten Hafenbecken liegt und im Reiseführer empfohlen wird. Doch die Beschreibung „ein Funke Kolonialzeit, Künstler, Cafés und Boutiquen“ stimmt unseres Erachtens nicht ganz mit der Realität überein. Dennoch sind der große Industriehafen und die Massen an Baumstämmen, die verschifft werden, irgendwie beachtlich. Wir fahren weiter auf der „Banks Peninsula“ und umfahren sie halb (da bekommt „Halb-Insel“ nochmal eine ganz neue Bedeutung 😁), bis wir etwas Essbares finden. Dafür bekommen wir allerdings schon am ersten Tag Ausblicke, wie ich sie nur von Postkarten kenne. Das Meer, umsäumt von dichtem, grünem Bewuchs und hinter dem sich unzählige Berge und Hügel erstrecken. An manchen Stellen ist bereits Ebbe und man sieht steiniges Geröll und teils gräuliches Wasser, dann wieder passieren wir gelbe Felder und im Wind wehende Graswedel. Die Hügel sind gelblich-grün und dann wieder ockerfarben und es grasen hunderte von Schafen auf ihnen. Einen großen Teil dieser Landschaft sehen wir auch, während wir unser „Fish & Chips to go“ an einem „Picknickplatz with a view“ essen. Hach, ist das schön hier. Erster Tag und ich bin schon ganz angetan. Auf dem Rückweg sehen wir, neben all den Schafen, auch einige Kühe, Pferde und… ein echtes Einhorn 🦄 Okay, das Horn fehlt, aber es hat die entsprechenden Farben. Auch wenn es traurig ist, was sie dem Tier angetan haben, lachen wir uns schlapp, weil es einfach so, aus dem Nichts auf diesem Feld stand. Da zweifelst Du ja schon erst einmal an Dir 🤪 Ich glaube, Neuseeland wird richtig gut 😊