Die Weiterfahrt führt uns erneut auf die landschaftlich beeindruckende Halbinsel „Banks Peninsula“, wobei wir heute gezielt den Hafenort Akaroa ansteuern. Ich muss fast Örtchen schreiben, denn es ist eine kleine Hauptstraße und ebensolche Hafenpromenade und alles, aus geschichtlichen Hintergründen, im französischen Flair. Ob Straßennamen, Cafés oder Restaurants, es fühlt sich definitiv nach Frankreich an. Dazu das mediterrane Klima, Olivenbäume, Sonnenschein, teils französisch sprechende Menschen und ein Charme, der so einladend wirkt, dass man gerne länger bleiben möchte. Für uns gibt es hier Cappuccino & Croissant, einen kleinen Bummel durch die Boutiquen, einen Spaziergang an der Uferpromenade, den wir bis zum historischen Leuchtturm ausdehnen und dabei den Blick auf das pazifische Wasser, in dem die Sonne funkelt, genießen. Die kleinsten Pinguine der Welt sehen wir zwar nicht, dennoch bin ich ganz berührt von diesem Ort – très sympa ☺
Wir fahren zurück Richtung Christchurch und schließlich in das Landesinnere. Ich bin absolut angetan, von der immer wieder wechselnden Landschaft, die sich vor uns auftut. Während die hügeligen Berge auf der Halbinsel wie Golfplätze aussehen, wirken die im Inneren als seien sie mit ockerfarbenem Teppich überzogen.

Die Unterkunft der letzten beiden Nächte war insofern interessant, als dass Marianne sie zunächst gar nicht finden konnte, da es ein ganz normales Wohnhaus war, in dem wir ein eigenes Zimmer hatten, Küche, Wohn- und Essbereich zur Mitbenutzung, jedoch das der Eigentümer. Tiptop sauber und hochmodern. Heute dagegen möchte ich mal von genauem Gegenteil sprechen. Wir haben ein Zimmer auf dem Bauernhof. Soweit so gut. Doch das hier… Gut, es war die Rede von „Familienzimmer“, in einer Mail kam noch hinterher, dass das Bad über den Hof wäre. Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll. Wir selbst mussten nach ein paar skeptischen Blicken erst einmal lachen. Vier Stockbetten, bunte Bettwäsche, die so aussieht als sei sie schon benutzt. Es liegen überall Bücher, Spielsachen und Schnickschnack herum, gerade so, als sei es bewohnt. Vermutlich haben hier einst die Kinder des älteren Paares gelebt und sie haben einfach alles so gelassen. Als uns das Bad gezeigt wird, muss ich an mich halten, nicht los zu prusten. Wir müssen durch Gestrüpp, an der Tür an einer Schnur ziehen, um in einer Art Schuppen das „Bad“ vorzufinden. Dass die Toilette kein Plumpsklo ist, wundert uns geradezu, dass wir hier nicht duschen, da sind wir uns per Blickkontakt direkt einig. Und doch hat das alles auch etwas, macht das Reisen in diesem naturbelassenen Land authentisch.
Da es auf zig Kilometer keinen Supermarkt gibt, auch kein Restaurant, wir jedoch nichts eingekauft haben, behelfen wir uns mit dem Frühstücksbrot, das wir bekommen. Fragen nach einer Gurke und Tomate aus dem Garten, Butter ist auch da, sogar Thunfisch aus der Dose, der allerdings unappetitlich aussieht und so ähnlich auch schmeckt. Auf jeden Fall ist hier eine ausgesprochen gute, wenn auch frische Luft und wir finden Gefallen an den Kühen und Kälbern und haben unseren Spaß. Und da zeigt sich wieder, es kommt einfach darauf an, was man daraus macht. Und mit einer Portion Humor und dem Erkennen des Guten, läuft es einfach grundsätzlich besser im Leben 😉 Worüber ich allerdings nicht hinweg komme, ist die Tatsache, dass wir hier mehr bezahlen als in den anderen für eine Woche gebuchten Unterkünften: 30 Euro pro Person 😬
Wir wollten eigentlich am „Mount Somers“ wandern, müssten dafür aber wieder ein ganz schön großes Stück zurück fahren. Da nutzen wir lieber das umliegende Land und finden zunächst einen schönen Weg durch den Regenwald mit moosbedecktem Boden, Farnen in allen Formen und Größen, einem kleinen Wasserfall. Im weiteren Verlauf nehmen wir einen Weg, der uns nun über grüne Wiesen, durch matschige und teils geflutete Waldabschnitte schließlich an den reißenden türkis-grauen „Rangitata River“ führt. Beeindruckend. Ich könnte diesen farbintensiven Strömungen stundenlang zusehen. Der Fluss erinnert mich an den Lech, der mich vor zwei Jahren, bei der 125 Kilometer langen Wanderung genauso beeindruckt hat. Man könnte meinen, das Wasser käme aus der Karibik. Ich merke wie mich all diese Natur begeistert und erfüllt, ja regelrecht glücklich macht. Es fühlt sich bereits jetzt an, als sei ich seit zwei Wochen hier, dabei sind es gerade einmal drei Tage.

Wir kommen auch an ganz viel Damwild vorbei – ganze Felder mit Dutzenden von Rehen, eines sogar nur mit Hirschen mit ihren prächtigen Geweihen. Auch wenn es schön ist, sie aus nächster Nähe zu sehen, scheint es uns unnatürlich, dass sie nicht im Wald gehalten werden, da es ja ihr natürlicher Lebensraum ist, zumal sie ohne Bäume auch gänzlich der Sonne ausgeliefert sind.
Den ersten Ort nutzen wir für eine Kaffeepause und das Einkaufen in einem Farmladen, der preiswerter ist als vergleichsweise solche Hofläden bei uns. Was gibt es Schöneres, als frische lokale Produkte zu kaufen 😃

Wir fahren ein ganzes Stück, dabei auch über die längste Brücke Neuseelands und über einen Pass, bevor wir an den „Lake Tekapo“ gelangen. Er wurde mir so beschrieben: „Wenn die Sonne scheint, ist die Farbe des Sees nicht von dieser Welt“. Es ist bewölkt, der See hat eine „normale“ Farbe und – ich bin enttäuscht. Trotzdem ist es an sich schön hier und wir gehen auch ein Stück am Wasser entlang. Was soll’s, man kann schließlich nicht alles haben. Und vielleicht kommen wir sonst einfach nochmal bei besserem Wetter, was allerdings wieder eine „Rückwärtsfahrt“ wäre. Als wir ein Stück weiter fahren und erneut halten, habe ich doppelten Grund zur Freude. Es ist zwar schon etwas dämmrig, doch am Rande des Sees strahlt mir ein mintgrünes Wasser entgegen, außerdem steht da die meistfotografierte Kirche, die „Church of the Good Shepard“. Völlig zu Recht, wenngleich ich lieber von Kapelle sprechen möchte. Ich betrete sie und bleibe auch kurz in Stille, denn das Außergewöhnlichste kann man am Besten von innen sehen: das große Glasfenster hinter dem Altar, das einen traumhaften Blick auf See und Berge bietet. Hallelujah, was ein Ausblick!
Während Marianne hinter der Kapelle auf mich wartet und denkt, dass ich noch ausgiebig am „Beten“ bin 😆 schieße ich bereits Bilder direkt am Wasser und hüpfe schier vor Freude wegen alledem was ich sehe. Und ich rechne nicht damit, dass wir eine halbe Stunde später schon das nächste Highlight erhaschen, nämlich den „Lake Pukaki“, der sich von Anfang an sehr gletscherblau präsentiert. Das zusätzlich atemberaubende sind hier die schneebedeckten Berge im Hintergrund. Ach Gott, was ist das für ein schönes Land, in dem ich hier „gelandet“ bin…
Heute haben wir uns einen Campingplatz ausgesucht, der ebenfalls an einem See liegt, dem „Ruataniwha“. Die junge Frau an der Rezeption ist so erfrischend und gut drauf, dass wir von vornherein eine weitere Nacht dazu buchen und eine dritte nicht ausschließen. Zumal sie uns erklärt, dass es in den Bergen, wo wir wandern wollen, nur unbezahlbare Unterkünfte gibt; das ergab auch unsere Recherche. Wir haben eine kleine „Cabin“, die nicht unweit der äußerst sauberen Sanitäranlagen liegt, zwei Stockbetten hat, wobei bei einem das untere Bett doppelt so breit ist, außerdem Tisch und Stühle, Kühlschrank, Wasserkocher. Alles, was wir brauchen und wir fühlen uns von Anfang an wohl. Dazu tolles Wetter, ein mintgrüner, kristallklarer See, an dem wir noch spazieren gehen und abends ein Sternenhimmel, wie wir ihn in Europa leider nicht sehen können. Was bin ich gesegnet, das alles erleben und sehen zu dürfen 😊