Wir sind schon sehr gespannt, was uns weiter erwartet, denn wir fahren zu den beiden bekanntesten Gletschern Neuseelands, dem „Fox Glacier“ und dem „Franz Josef Glacier“. Und wir haben keine Vorstellung, wie kalt es da ist, wie nah man sie sehen oder was auch immer dort machen kann. Schauen wir mal. Vorher wollen wir eigentlich noch im überall hoch gepriesenen Wanaka wandern gehen, doch der Trubel im Ort, der Nieselregen plus die über 300 Kilometer Fahrt, die noch vor uns liegt, halten uns dann doch davon ab. Alternativ gehen wir ins „Puzzling World“. Schon draußen haben wir unseren Spaß mit den illusionären Ausstellungsstücken. Marianne reicht das aus, ich bin so neugierig und gehe in die Illusionsräume, in denen verblüffende optische Täuschungen zu finden sind. Während man in einem Raum von zwergenklein bis riesengroß aussehen kann, ist ein anderer so dermaßen schief, dass mein Gleichgewichtsorgan total verrückt spielt und ich es umgehend verlassen muss, was leichter gesagt als getan ist. Nicht, dass ich vorher nicht hingewiesen worden wäre, doch ich hätte niemals nie gedacht, wie es sich tatsächlich auswirkt. Zugegeben, ich will es wissen und gehe später erneut rein, mit dem Ergebnis, dass mir anschließend eine halbe Stunde lang schwindelig ist und schlecht dazu 😳 Dennoch habe ich einen riesen Spaß in der „Illusion world“ und bin hellauf begeistert, wie Augen und Gehirn überlistet werden können. Einige Objekte sind als Bilder bekannt, um so mehr freue ich mich, die Objekte in groß vor mir zu haben, da es irgendwie nochmal verblüffender wirkt. Tatsächlich brauche ich im Anschluss einen Moment, bis ich im Kopf wieder einigermaßen „aufgeräumt“ bin und freue mich über einen kleinen erfrischenden Spaziergang auf dem Weg, der an einem traumhaft schönen, hellblauen Flüsschen entlang zu einem Wasserfall führt.
Die Fahrt an der Westküste gibt wieder ein völlig neues Bild ab, das wir so bislang noch nicht gesehen haben. Dabei prägen hier die Bäume des Waldes an der Küstenstraße das Bild, und zwar eindrücklich, denn die Baumkronen zeigen durch starken Wind alle in eine Richtung und wirken nebeneinander wie ein Dach. Der Strand ist eher gräulich, was zum Himmel passt, ansonsten wirkt alles sehr grün und frisch, auch als wir in den Ort „Fox Glacier“ kommen.

Am nächsten Morgen werden wir von strahlendem Sonnenschein geweckt und haben freien Blick auf den Mount Tasman und den schneebedeckten Mount Cook. Beide haben wir ja bereits gesehen, allerdings von der anderen Seite 🙃 Da wir in der Nähe des „Lake Matheson“ untergebracht sind und das Wetter ideal für die „Spiegelungen der Berge im Wasser“, wofür er bekannt ist, beginnen wir den Tag dort. Der Weg führt uns zunächst durch einen bemoosten und üppig grün bewachsenen Wald, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Und Grün ist und bleibt einfach Balsam für meine Augen und meine Seele 😊 Marianne dagegen kann von den verschiedenen Farnen und Farnbäumen nicht genug bekommen. Die Blätter sind teils menschengroß, manche der Farnbäume werden außerdem bis zu 20 Meter (!) hoch und sehen aus wie Palmen, andere haben Namen wie beispielsweise „Prince of Wales“. Bei uns heißt er fortan nur noch „der Charles“ 🤣 Der Farn ist in Neuseeland übrigens das Nationalsymbol.
Ein fast nicht spürbarer Hauch von Wind sorgt leider dafür, dass die Spiegelung im See nicht funktioniert. Schade, doch gar nicht schlimm, denn auch so ist es hier sehr schön und zudem waren wir ja schon bei den „Mirror Lakes“, also alles gut.
Anschließend entscheiden wir uns für den „Fox Glacier Valley Walk“ und steuern den entsprechenden Parkplatz an. Und schon dort bin ich völlig überwältigt. Zum einen wegen des Fox Rivers, der vermutlich durch die Gletscherschmelze entstanden ist und dessen Farbe keine Worte hat. Und dann dieses Geröll, das einer überdimensional großen Baustelle gleicht, die keine ist. Unfassbar, wie das aussieht, wohin das Auge blickt: Geröll und dahinter Felsmassive, die wie Riesen wirken. Wir gehen in etwa eine halbe Stunde, bis wir den Gletscher zum ersten Mal entdecken. Und da es ordentlich bergauf und über ziemlich viele Steine geht, wird uns so warm, dass tatsächlich das Tragen eines T-Shirts ausreicht.
Auf dem Weg zeigen Schilder immer wieder an, bis wohin der Gletscher einst ging. Und einst ist teilweise noch gar nicht so lange her, denn durch die Klimaerwärmung schrumpfen die Gletscher drastisch. In Neuseeland haben sie in den letzten 40 Jahren 30% des Eises verloren. Und jetzt erklärt sich das viele Geröll, das wirkt, als würde es in einem trockenen Flussbett liegen. Es muss das Bett des Gletschers gewesen sein. Und jetzt ist das nach all der Euphorie eine ganz traurige Erkenntnis. Noch trauriger, als ich am nächstmöglichen Punkt am Gletscher stehe und seine Pracht nur noch vermuten kann. Und wieder einmal frage ich mich, wann wir Menschen kollektiv anfangen, etwas zu verändern, um die Erde wieder zu unterstützen anstatt sie zu zerstören. Und in dem Moment bin ich auch sprachlos darüber, dass im Zehn-Minuten-Takt die Hubschrauber mit den Touristen über den Gletscher fliegen…

Am Abend warten wir ab, bis es ganz dunkel ist, raffen uns auf und machen eine kleine Nachtwanderung, um – Glühwürmchen zu sehen. Auch hierzu kann man im ganzen Land Touren buchen, um im Wald oder in Höhlen welche zu sehen. Wir machen das auf eigene Faust und es ist fast ein bisschen gruselig, so ganz im Dunkeln durch den Wald zu stiefeln, wobei beruhigend ist, dass es in Neuseeland keine giftigen Tiere gibt 😅 Wir haben auch eine Lampe mit dabei, durch die man zwar den Weg, aber keine Glühwürmchen sieht 😏 Wir finden eine gute Mischung, sind auch nicht die einzigen und entdecken anfangs nur vereinzelt welche, später dann regelrechte „Sternbilder“ durch sie. Faszinierend. Ich erinnere mich, dass ich als Kind oft welche gesehen habe, vor allem bei meinem Onkel in Kroatien, aber auch bei uns. Erst als ich diese hier sehe, fällt mir auf, dass Glühwürmchen in unserer Gegend verschwunden zu sein scheinen 😒 Ein aktives Abendprogramm, auch mal schön. Und wenn das nicht mal wieder ein pickepackevoller und großartiger Tag war.

Gleich morgens nach dem Check-out machen wir uns auf in den nächsten Ort „Franz Josef Glacier“ (englische Aussprache, doch tatsächlich benannt nach Franz Joseph I. von Österreich!). Dieser Walk beginnt gänzlich anders, nämlich mit einem grün bewachsenen Weg, der von unglaublich viel Kleeblättern umsäumt wird. Ein vierblättriges finde ich auf die Schnelle nicht, was meiner Cousine mal eben so gelingen würde, doch ich mache mal ein paar Bilder, vielleicht klappt es ja später mit dem Glück 😂 Anschließend kommen wir an zwei prächtige Wasserfälle und sehen auch einige kleinere zwischen den Felswänden. Dann auch hier Geröll und das ehemalige Gletscherbett, wobei hier der Gletscherfluss unseren fast gesamten Weg begleitet. Der Franz Josef-Gletscher ist nicht ganz so extrem von der Schmelze betroffen, wie die anderen, dennoch zeigen auch hier Schilder, dass er vor ein paar Jahren mehrere Hundert Meter weiter ragte. Wenngleich nicht mehr so viel, doch das, was zu sehen ist – einfach bemerkenswert.
Wir überlegen, im Ort noch den Wildlife-Park zu besuchen, damit wir wenigstens einen Kiwi-Vogel sehen, doch 40 Dollar sind wir nicht bereit, für einen Indoor-Park zu bezahlen und fahren weiter. Da es unzählige kleine Wander- und Spazierwege gibt, halten wir unterwegs immer wieder, um einen zu gehen. Es sind zumeist die fernab der ausgetretenen Pfade und lassen uns einfach immer wieder staunen und Neues entdecken. So kommen wir heute an eine traumhafte Lagune und später wieder in einen kleinen Märchenwald, in dem wir neue Pflanzen entdecken und Vögel beobachten können.
Wir fahren weiter, über den Arthur’s Pass in den gleichnamigen National Park. Am höchsten Punkt halten wir wegen der gigantischen Aussicht an, machen Fotos, so wie andere auch. Bis ich merke, was sie tatsächlich fotografieren 🤣 Einen Kea, den einzigen Bergpapageien der Welt. Durch seine grün-braune Farbe hatte ich ihn gar nicht gesehen. Ich gehe schon wieder zurück Richtung Auto, als ein anderer Papagei geflogen kommt und sich keine fünf Meter entfernt auf das Aussichtsgeländer setzt. Ein zweiter kommt hinzu. Für mich sind sie eine Mischung aus Greifvogel und Papagei, in jedem Fall wirken sie majestätisch. Überwältigend. Ähnlich ist auch der Ausblick aus dem Fenster unserer Unterkunft. Von innen wieder eine halbe Katastrophe, aber die Umgebung und der Ausblick macht alles wieder gut. Wir sind hier ohnehin nur auf der Durchreise für ein Ziel, dass ich mir auf keinen Fall entgehen lassen wollte: Castle Hill. Der Dalai Lama erklärte die Gegend 2002 zum spirituellen Zentrum des Universums. Ich habe noch keine Vorstellung davon, wie das aussehen, geschweige denn sich anfühlen könnte und bin gespannt. Unterwegs picken wir noch einen Tramper auf. Jonas erkundet Neuseeland komplett zu Fuß!! Da habe ich direkt ein paar Fragen und kann überhaupt nicht glauben, was er uns da erzählt und wie man sich für einen solchen Trip ausstattet. Schon auch mal bis zu 40 Kilometer pro Tag legt er zurück, während er quer durch das Land geht. Der „Te Araroa Trail“ ist wohl der neueste und landschaftlich vielfältigste Fernwanderweg weltweit. Auf jeden Fall gibt es Abschnitte, die man bei zu viel Regen nicht überqueren kann und daher länger Zeit einplanen muss. Er hat ausschließlich Trockennahrung (gefriergetrocknete Instantnahrung) dabei und trinkt Wasser aus Bächen und Flüssen, wofür seine Trinkflasche einen speziellen Filter bereit hält. Für umgerechnet ein paar Euro kann er sämtliche Hütten auf dem Weg nutzen. Dafür halten diese, wenn überhaupt, meist nur eine Matratze bereit, andernfalls zeltet er. Okay, ich habe keine weiteren Fragen mehr 😆 Jetzt ist er ein Stück gefahren, weil er zum Flughafen muss, um seine Freundin abzuholen, mit der er dann das Land noch per Auto erkundet, da man zu Fuß eben auch nicht überall hin kommt. Auf jeden Fall meinen tiefsten Respekt!

Wir kommen an, sehen die Castle Hill Rocks schon aus der Ferne, wobei das zunächst unspektakulär wirkt. Je näher wir kommen, desto mehr ergreifen uns die riesigen Kalksteinkolosse, die aus der sanften, goldgelben Hügellandschaft ragen. Wir gehen um die Hügel und erreichen irgendwann den Kern der Formationen und dann ja, spüren wir tatsächlich eine immense Ruhe und Energie, wie man es kaum beschreiben kann. Es sind auch andere da, aber wir nehmen das gar nicht wahr, so friedlich ist es hier, der Blick spektakulär. Es wirkt irgendwie wie nicht von dieser Welt. Was für ein Gefühl. Ich lege mich auf einen der Steine, das in Größe und Form ein Ufo sein könnte (also wie ich es mir eben vorstelle 🤣), lege mich hin, schließe die Augen und bin einfach da. Herrlich.
Man kann hier wirklich verweilen und Stunden verbringen. Wir bleiben auch eine ganze Zeit, gehen um all diese Steine, machen Bilder, genießen. Wie dankbar ich bin, dass wir hie gewesen sind. Es war für uns beide zweifelsohne ein Highlight dieses Trips.