Die Lebensmittelvergiftung des Holländers hat sich gelegt, die offene Wunde an Nadjas Fuß, übrigens entstanden durch eine Blase (!), ist dank deutscher Salbe am Verheilen und auch der vermutlich verstauchte Knöchel von Elias tut nicht mehr ganz so weh, wenngleich er noch geschwollen ist. Auch die Megabachstürze und das Unwetter an einem Abend überstehen wir gut.

Ich lerne immer mehr Menschen kennen und sie kommen aus der ganzen Welt. Besonders berührt mich die Geschichte von Airin, eine 44jährige Malayin, die mit ihrer 8jährigen Tochter im gleichen Zimmer ist. Die Kleine ist so süß und erinnert mich an meine liebste Lieblingsnichte Nika, die ich sehr vermisse. Sie haben lange in den Vereinigten Staaten gelebt, bis letztes Jahr der Mann von Airin im Alter von 52 Jahren an Krebs gestorben ist. Sie erzählt mir davon und ihr laufen Tränen, während sich mit der Hals zuschnürt. Vor allem, wenn sie vom Verlustschmerz der Kleinen erzählt, was ihr selbst das Herz bricht. Und so möchte sie möglichst viel Zeit mit ihrer Tochter verbringen, ihr die Welt zeigen, sie so erziehen, dass sie das Leben genießt und offen bleibt für all das, was es zu bieten hat. Sie könnte sich viel mehr leisten, will aber einfach und minimalistisch leben, weil all das Materielle sie nicht erfüllt und zufrieden stellt. Und ich merke, dass dies ein globales Thema ist und sich die Sorgen und Inhalte an dieser Stelle wenig von den unseren unterscheiden. Als Muslimin hat man es hier ebenfalls nicht immer leicht, wenngleich Airin sehr cool damit umgeht. Ich frage, ob es ein Problem ist, dass sie selbst kein Kopftuch trägt, aber sie sagt, es sei jedem selbst überlassen, es sei denn natürlich, man geht in die Moschee. Ich bin schon erstaunt darüber, dass einheimische Frauen hier am Strand komplett bekleidet, meistens in schwarz, und mit Kopftuch ins Wasser gehen und am Strand liegen. Wir tauschen schließlich Nummern und sie lädt mich ein, sie in der Nähe von Kuala Lumpur zu besuchen und ich wünsche mir, dass es sich realisieren lässt. Nun fahre ich dann aber zunächst in die Cameron Highlands, in denen Teeplantagen dominieren, und freue mich schon riesig auf ein wenig Abkühlung, aber auch Abwechslung. Wenngleich Dauerregen vorhergesagt ist. Allerdings hätte ich die Landkarte besser studieren sollen, denn ich merke, dass der Nationalpark Taman Negara auf dem Weg liegt und ich ihn zuerst hätte besuchen sollen. Anfängerfehler. Ich werde sehen, ob ich nochmal zurückfahre oder was sonst noch so, im wahrsten Sinne, auf meinem Weg liegt. Eine ganz leichte Nervosität spüre ich auch jetzt wieder, bevor ich weiterziehe. Die Jungs reisen zeitgleich ab und Max hat sich angeboten, mir mit meinem Gepäck zu helfen. Er sagt, er sei betrunken gewesen, als er das gesagt hat – shit happens 😉 Sie fahren bzw. fliegen alle zusammen nach Kuala Lumpur, kurz KL, und ich frage mich, ob ich ein bisschen neidisch bin. Ich freue mich, dass sie noch ein Stück des Weges gemeinsam gehen können und merke, es ist okay für mich. Später fragen sie mich, ob ich nicht mit will, aber es liegt nun mal nicht um die Ecke. So bleibt die Dankbarkeit, tolle Menschen getroffen und kennen gelernt zu haben. Und immerhin ergeben sich auch hier wieder schöne neue Optionen: Oktoberfest in München oder Wiesenfest in Rosenheim bei Max und Maxi, ein Besuch in der Kultbar „Hinz und Kunz“ in Basel, wo Tobi quasi Star-Barkeeper ist. Ohne Witz, ich habe noch nie jemanden kennen gelernt, der scheinbar so in seiner Arbeit aufgeht und die tausendprozentige, vermutlich angeborene, Kompetenz dafür hat. Du sagst ihm, was Du grundsätzlich gerne trinkst und welche Geschmacksrichtungen Du bevorzugst und schon rattert es lost und er mixt Dir gedanklich einen Cocktail, den Du vermutlich selbst nie bestellen würdest. Und ich glaube ihm, wenn er sagt, dass er die Kundschaft zu 99% zufriedenstellt. Und so mixt er auch unsere Getränke am Abend, natürlich immer mit frischer Limette, da sie die Säure des Alkohols aufnimmt und das Getränk gleich eine ganz andere Note erhält. Und bei Elias komme ich bestimmt auch mal auf einen Kaffee in Wien vorbei und das vermutlich direkt nach dem Jahr, denn die Kaffeekultur bisher lässt doch sehr zu wünschen übrig. Ansonsten kann ich allerdings nicht jammern, bislang fehlt mir nichts – weder kulinarisch noch arbeitstechnisch 🤣 Aber es gibt Menschen, die mir fehlen, und das seid ihr. Und ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr mich eure Nachrichten und Kommentare freuen, berühren und noch einmal mehr aufblühen lassen. Und so kann ich schon jetzt sagen, dass ich diese Reise ohne euch und eure Unterstützung gar nicht machen könnte! Und am Liebsten hätte ich auch immer mal wieder jemanden von euch mit dabei. Gerne stelle ich mir vor, wie der/die ein oder andere mal mit hier wäre – zum Feiern, Chillen, Erholen, Sinnieren und einfach nur zum Zusammensein. Ich kann noch nicht genau sagen, wie es sich anfühlt, unterwegs zu sein. Einerseits kommt es mir vor, als sei ich schon viele viele Wochen unterwegs, andererseits auch wieder nicht. Dann ist China schon so weit weg, obwohl es gerade erst war. Besonders freuen mich die Nachrichten meiner dort gewonnen Freunde und des Nomaden, der mir aus Tibet schreibt, weil ich selbst ja nicht da sein kann. Und auf einmal wird mir bewusst, dass wir ja tatsächlich alle irgendwie miteinander verbunden sind, ganz gleich wo wir uns aufhalten, egal zu welcher Kultur wir gehören, an was wir glauben oder wie alt wir sind. Von den Jungs bekomme ich das Kompliment, die „coolste 39jährige“ (und sie wissen, dass ich 41 bin) zu sein. Auch diese Tage durfte ich mich wieder als offenen, zugewandten, empathischen, hilfsbereiten Menschen kennen lernen, der einfach mit allem und jedem klarkommt, ohne mich dabei zu verbiegen oder anzupassen, wie ich es früher gerne getan habe.

Ich weiß, uns bleibt noch ein Abend, den wir bestimmt noch ausgiebig auskosten werden, und doch möchte ich euch jetzt schon danken Jungs. Und natürlich Dir, liebe Nadja. Und nicht nur, weil Du mich auf 33 geschätzt hast 😊 Es hat sich hier einfach wie „Zuhause“ angefühlt. Eine kleine übersichtliche, wunderschöne Insel mit vielen Facetten. Ein einfaches und doch familiäres und absolut atmosphärisches Hostel. Und wir hatten viel Spaß und ich habe viel gelernt, nicht nur von euch und über euch, sondern auch über mich und habe somit wieder ein Puzzlestück vom großen Ganzen gefunden.

P.S.: Bilder werden nachgereicht…

P.P.S.: Das Buch, das ich gelesen habe, heißt „Der Sklave“ von Anand Dilvar 👍