Als ich den letzten Morgen auf der Insel wach werde, weint der Himmel. Man könnte auch sagen, es schüttet in Strömen und am liebsten würde ich liegen bleiben, denn ich sehe mich schon klatschnass im Boot sitzen, dort noch nässer werden, um schließlich mehrere Stunden im klimatisierten Bus zu sitzen. Aber ich habe Glück, es hört auf zu regnen, der Himmel reißt auf und ich bekomme zum Abschied noch einen Regenbogen geschenkt.
Von den Jungs muss ich mich nun endgültig verabschieden, denn wir sitzen jetzt nicht mehr im gleichen Boot 😬Wieder brettern wir über das Meer, ich bleibe – wasserfest eingepackt – weitgehend trocken, friere jedoch ein wenig.

Auf dem Festland angekommen und auf meinen Bus wartend, vermute ich, noch zu schlummern, als ich eine bekannte Sprache wahrnehme. Ich warte noch einen Moment, um sicher zu gehen. Schwupps ein Fluch und ich weiß es zu 100%: Kroaten 😄 Mein Herz geht auf und ich weiß, mein Papa würde weinen, wenn ich es ihm erzählen könnte… Vier Medizinstudenten aus Zagreb und alles was sie sagen, hört und fühlt sich so unglaublich vertraut an. Ich habe erst ein einziges Mal einen Kroaten auf all meinen Reisen getroffen und freue mich so unbeschreiblich. Leider haben wir nicht den gleichen Weg. Da hier alles jedoch sehr gemächlich verläuft und der Bus sich ordentlich verspätet, haben wir gut Zeit zum Austausch. Dann unterhalte ich mich noch mit einem unglaublich netten holländischen Pärchen. Ich mag Holländer. Ich frage, wo sie das „Frühstück“ gekauft haben und sie geben mir etwas von ihrem und wollen auch nichts dafür. Ich frage mich, ob ich schon so bedürftig aussehe, freue mich aber natürlich sehr. Sie sind sehr interessiert und wie wir uns so unterhalten, nehme ich wahr, dass uns eine Menge Leute zuhören. Und zu dem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, dass ich abends, 350 km weiter, an einem völlig anderen Ort von einer Familie angesprochen werde, die ich selbst zuvor nicht registriert hatte, die aber genau wusste, dass ich morgens erst kroatisch mit der Gruppe und dann englisch mit den Holländern gesprochen habe. Abgefahren.

Der Bus kommt, ich habe wieder zwei Sitze für mich 😉 und bin froh, dass ich trocken bin, denn die Düsen über dem Sitz kann man zwar schließen, was jedoch nicht viel bringt, da sie Löcher haben. Ich höre drei Schwäbinnen zu, denen geraten wurde, für solche Fälle immer ein wenig Tape dabei zu haben. Haben sie aber nicht, sondern vermummen sich und könnten glatt als Musliminnen durchgehen. Solange sie nicht sprechen versteht sich 🤣 Ich tue es ihnen gleich.

Wir fahren durch eine tolle Landschaft, die geprägt ist von Grün: Palmen, Bananenstauden, Riesenfarn und dschungelartigen Wälder. Ich genieße es, schlafe jedoch immer wieder ein. Denn natürlich sind wir abends vorher noch „ein wenig“ zusammen gesessen. Ich komme schließlich in Tanah Rata in den Cameron Highlands an und dieses Mal kann ich ihm nicht entkommen: dem strömenden Regen. Da ich mein Gepäck vorsorglich wasserfest verpackt gelassen habe und weiß, dass ich bald am Ziel bin, macht es mir fast nichts aus. Allerdings bin ich nicht ganz so schnell am Ziel, denn ich laufe falsch. Hilfsbereite Menschen helfen der vollbepackten Touristin und schließlich gelange ich dann doch irgendwann auch an mein Ziel. Mit dem Gepäck geht das so nicht weiter und ich beschließe, ein Paket zu richten, um ein paar Sachen wieder nach Hause zu schicken.
Ich komme in einer sehr heimeligen und liebevoll eingerichteten Unterkunft an und bin ganz entzückt von Marina, der Besitzerin, und ihrer Familie. Sie selbst wohnen mit im Haus und sitzen aber im offenen Bereich der Gäste, als sei es ihr Wohnzimmer. Vielleicht ist es das auch, denn die beiden Kinder spielen hier und halten von morgens früh bis abends spät alle auf Trab. Wir haben schnell einen Draht zueinander 😊

Direkt vor dem Hostel ist ein Ticketschalter für Ausflüge und Busbuchungen, wie praktisch. Dazu Nick, ein so lustiger Mittfünfziger, der mir komplett Malaysia in 2’30 Min. erklärt. Er ist völlig unaufdringlich und wahrscheinlich buche ich deswegen eine Tour für den nächsten Tag. Bei dem Regen entscheide ich mich mal sicherheitshalber gegen die Sunrise-Tour und nehme einen Halbtagestrip zu den Teeplantagen und bin glücklich darüber, wie entspannt sich das alles organisieren lässt. Noch glücklicher bin ich, als ich Marina meine Schmutzwäsche überlassen kann, denn die hat es mehr als nötig. Also meine Wäsche, nicht Marina 😁 Ein Mal hatte ich bisher waschen lassen, allerdings, und das wusste ich vorher nicht, auf dem Waschbrett. Das war mir äußerst unangenehm und ganz ehrlich, es war vielleicht soweit einigermaßen sauber, aber von gut riechen kann keine Rede sein. Von einem guten Duft (oder gar meinem geliebten Aprilfrisch-Lenor-Duft) ganz zu schweigen. Das i-Tüpfelchen wäre jetzt noch ein gutes Essen und ich entscheide mich für indisch. Und Spinat. Mit irgendwas drin. Mmmmh, was für ein erfüllter Tag, wobei die Krönung erst kommt, als ich im Bett liege. Das Bett, die Decke, das Kissen – sooooo gemütlich. Ich schlafe wie ein Baby.

Am nächsten Morgen fahre ich also auf Tour, wir sind insgesamt zu acht. Ein australisches Pärchen, ein Franzose & eine Engländerin, die sich beim Work & Travel in Australien kennen gelernt haben und nun gemeinsam Urlaub machen (sooo süß), bevor es wieder zurück nach Australien geht, ein Brasilianer, der zehn Jahre in London lebte, jetzt ein Jahr reist und dann nach Frankreich oder die Schweiz ziehen möchte, obwohl er kein französisch kann, sich aber ein halbes Jahr gibt, um es zu erlernen, zwei Schwäbinnen und ich. Zuerst geht es in den Mossy Forest (sagt man so und hört sich auch besser an als Mooswald 😄), um den höchsten Berg der Cameron Highlands zu bestaunen, den wir aufgrund des Nebels jedoch leider nicht sehen. Nicht schlimm, ich finde diesen moosbewachsenen, dschungelartigen Wald schon genial. Mein absolutes Highlight ist dann aber ein wenig später die Aussicht auf die Teeplantagen. Ich könnte hier einfach stundenlang bleiben und mir dieses saftige Grün, diese Landschaft, die es einfach viel zu selten gibt, anschauen, um nicht zu sagen, in mich aufsaugen.

Wenn man schaut, wie Tee gepflückt und verarbeitet wird – wir haben auch eine Teefabrik besucht – möchte ich meinen Tee künftig noch achtsamer trinken & genießen und an all die Menschen denken, die den ganzen Tag bei sämtlichen Wetterverhältnissen die Blätter einzeln zupfen. Mir wird erzählt, dass selbst die Einheimischen nicht auf diese Arbeit stehen, denn es sind viele Pakistaner, Inder, Bangladescher, Bangladeschaner? 🤣 also Menschen aus Bangladesch in den Plantagen, um den Tee zu ernten – 12 Kilo pro Person und Tag!!

Natürlich gehen wir auch Tee trinken. Ich entscheide mich für einen Grüntee „Mandarine-Limette“. Ich vermute, er hat einen Ticken zu lange gezogen, denn er schmeckt etwas bitter und dennoch sehr gut. Noch besser schmeckt mir allerdings, das Scone, ein kleines, warmes, brötchenartiges Gebäck, das ich mit Marmeldade und Sahne dazu esse 😋 Von hier haben wir wieder diesen unglaublichen Ausblick auf die Teeplantagen und meine Augen können von diesem Knallgrün wirklich nicht genug bekommen.

Wir besuchen auch eine Erdbeerfarm, von denen es ebenfalls unsäglich viele gibt, was mich jetzt weniger beeindruckt, da ich daheim die Erdbeerfelder ja um die Ecke habe. Der Unterschied allerdings ist, dass sie hier in Töpfen angepflanzt werden, irgendwie ein skurriler Anblick. Zum Abschluss sind wir noch auf einer Schmetterlings- und Insektenfarm, wo man sowohl wunderschöne Pflanzen und Tiere, wie beispielsweise große beeindruckend schöne Schmetterlinge, sehen kann als auch solche, die man besser nicht gesehen hätte, weil man sie im Anschluss überall wittert, wie Käfer, Skorpione, Schlangen.

Nach den vielen Eindrücken brauche ich erst einmal einen Mittagsschlaf, der komatös ausfällt. Später freue ich mich über meine frische Wäsche, die sauber ist und gut riecht, gehe zur Post, kaufe einen Karton und frage nach dem Versandpreis. Dann bin ich voll in meinem Element, als ich meinen Rucksack nicht nur ausmiste, sondern auch neu packe. Dann entsorge ich noch ein paar Schuhe, eine Art Ballerinas, braucht kein Mensch. Auf so einer Reise gehst Du entweder barfuß aus oder in Flipflops. Sie waren ohnehin zum irgendwann Entsorgen gedacht, in diesem Fall dann besser früh als nie. Soweit meine materielle Ordnung, an der reiseorganisatorischen hapert es noch. Ich habe wirklich daran zu knabbern, dass ich den Nationalpark auf dem Weg nicht mitgenommen habe. Ich will hin, aber mir wird abgeraten, da die spätere Weiterreise viel zu lange und zu kompliziert wäre. Ich war weiter auf Natur und „Grün“ eingestellt und muss jetzt ganz neu denken, bin genervt. Bekomme Ideen an die Hand, muss und will aber erst eine Nacht darüber schlafen. Das wirkt ja oft Wunder. So auch bei mir. Ich bin morgens völlig klar, wie ich nun weiterreise. Marina ist so lieb und besorgt mir ein Busticket, während ich mit den zwei Nordlichtern aus meinem Zimmer wandern gehe. Die beiden Mädels sind schon seit fünf Monaten unterwegs, u. a. mit der transsibirischen Eisenbahn. So waren sie schon in Sibirien, der Mongolei, aber auch in Japan, Taiwan, Südkorea, auf den Philippinen. Wow, ich höre viel Interessantes und lerne Neues, was mir auch für meine Reise hilfreich sein kann.

Unser Weg führt durch bewuchertes Gestrüpp und schließlich durch den Dschungel, steil bergauf über Baumwurzeln und rutschigen, lehmartigen Boden. Manchmal ist es mehr klettern als sonst etwas, aber es ist toll und macht Spaß, das Wetter spielt auch mit. Auf 1.840 Metern Höhe angekommen, gibt es unterschiedliche Wege zurück und wir überlegen, welchen wir nehmen. Einem Impuls folgend entscheide ich mich für einen anderen und laufe also alleine weiter. Ein wenig mulmig ist mir schon dabei, zumal wir zuvor eine Schlange gesehen hatten. Ich entscheide mich, ein paar Videos aufzunehmen, die ich posten möchte und das lenkt mich gut ab, als im nächsten Moment der Ruf des Muezzin durch den Dschungel hallt. Meine Nerven, auch das noch. Aber es zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Und ich meine nicht mit der Glaubensrichtung, sondern mit dem Weg zurück in die Zivilisation. Ende gut, alles gut, bekomme ich also auch hin.
Wieder würde ich am liebsten schlafen, aber ich muss meine nächsten Tage organisieren und brauche dafür auch Einiges an Zeit. Und dabei geht die meiste Zeit darauf, dass ich mich zwischen den Unterkünften nicht entscheiden kann. Ich überlege auch ernsthaft, mal ein Einzelzimmer zu nehmen. Permanente Gespräche können auch anstrengend sein, zumal man in den „Small Talks“ zu Beginn ja auch immer das gleiche fragt und erzählt. Und ganz ehrlich, so ein bisschen Privatsphäre… zum Telefonieren, einfach nur zum alleine Sein oder um mal die Fußnägel zu schneiden 🤣 Da ich als Weltreisende ja aber einige Ausgaben habe, entscheide ich mich dagegen und buche mir wieder, wie bisher eigentlich immer in Malaysia, für zwei Orte ein Bett im Dorm für umgerechnet 8 Euro pro Tag. Außerdem einen Inlandsflug für eigentlich nur 25 Euro, kommt aber noch 12 Euro Gepäck dazu. Die Busfahrt nach Georgetown kostet mich 10 Euro. Für die Wäsche bezahle ich 3 Euro. Das gleiche Spinatessen, das ich beim Inder nochmal haben muss, liegt bei 3,80 Euro, was teuer ist, das bekommt man auch schon für 2-3 Euro. Aber ich liebe Spinat beim Inder und auch sonst. Und wenn ich schon keine Käsespätzle essen kann, nehme ich das, was dem in meiner asiatischen Vorliebe am nächsten kommt. Inzwischen weiß ich auch, dass das „irgendwas drin“ Käse ist. Bin danach allerdings ganz schön voll und merke es ordentlich. Wie bei Käsespätzle halt auch 😄 Und so war ich also ein paar Tage in einer wieder gänzlich anderen Welt…