Ich frage mich, warum ich das erste Klingeln des Weckers auf meinem malaysischen Handy nicht gehört habe. Na ja, mit deutscher Uhrzeit hätte er dann sechs Stunden später schon geklingelt 😆 Der andere holt mich spät aus dem Schlaf, aber glücklicherweise noch rechtzeitig. Die Kopfschmerzen sind weg und ich bin heute Morgen ganz ruhig.
Airin wollte mich hinunter begleiten, doch auch sie verschläft. Ihre Türe ist zu, mein leises Klopfen hört sie nicht und so muss ich gehen, ohne sie nochmal drücken zu können 😟 Ich schreibe ihr. Sie wird wach, als ich gerade mit dem „Grab“ abfahre. Auf der einstündigen Fahrt zum Flughafen schlafe ich direkt weiter und freue mich, dass am frühen Morgen dort nicht viel los ist. So sind wir am Gate keine dreißig Passagiere. Mein Blick fällt auf eine ältere Frau, die an eine „Grande Dame“ erinnert. Ich denke mir so, dass sie bestimmt wohlhabend ist, ein großes Haus hat und doch garantiert auch eine kleine „Abstellkammer“, in der ich ein paar Nächte bleiben könnte 🤣 Wie es der Zufall will, sitzen wir im Flieger in der gleichen Reihe, zwischen uns ein freier Platz. Wieder schlafe ich. Später bekommen wir ein Getränk und wie die Becher wieder eingesammelt werden, geht die Flugbegleiterin neben der Frau in die Hocke und fragt sie fast flüsternd, ob sie vielleicht ein Foto mit ihr machen dürfte. Aha 🤔 Ein wenig später kommt dann nicht nur diese eine, sondern gleich drei Flugbegleiterinnen, um ein Foto mit ihr zu machen. Ich inspiziere die Frau nochmals aus den Augenwinkeln und habe nicht den blassesten Schimmer, wer das sein könnte. Und wenn sie bekannt ist, warum sitzt sie dann nicht in der Business-Class? Ich überlege, wie ich es heraus bekomme, es gibt zwei Möglichkeiten: ich frage später die Mädels oder einfach direkt. Ich entscheide mich für letzteres, entschuldige mich für die Störung und sage aufrichtig, dass ich als Europäerin von südostasiatischen Persönlichkeiten leider überhaupt keine Ahnung habe und ob ich fragen dürfe, wer sie sei. Es ist ihr etwas unangenehm und sie beschwichtigt indem sie antwortet, dass die Mädels sie bestimmt aus der Zeitung kennen. Also eine Modedesignerin? Oder Zeitschriftenherausgeberin? Kosmetik-Label? Ich frage weiter. Dann erzählt sie, dass sie sich für Frauen- und Menschenrechte einsetzt und die Kolumnen in einer Zeitung schreibt. Sie will dann auch wissen, was mich nach Singapur führt und ich erzähle ihr in ein paar Sätzen von meiner Weltreise. Sie möchte es genauer wissen, als sie ihre Tasche auf den Schoß nimmt, ihren Geldbeutel zückt und mir daraus eine ihrer Visitenkarte gibt. Sie hätten eine Website ins Leben gerufen (www.zafigo.com), auf der Frauen von ihren Reiseerfahrungen berichten. Ich erwähne meinen Blog, der jedoch „leider“ auf deutsch sei. Sie sagt, vielleicht hätte ich ja Lust, auch in Englisch zu schreiben. Sie fragt sehr ausführlich nach – über meine Reise, die Inhalte, Deutschland, Kroatien, wo sie auch schon gewesen ist. Auch meinen Namen möchte sie gerne wissen und identifiziert die Endung „ic“ sogar als kroatisch. Dann informiert sie mich über einen Kongress in Kuala Lumpur im November, bei dem Frauen ebenfalls über ihre (Reise-)Erfahrungen Vorträge halten. Dann plappere auch ich munter drauf los – keine Ahnung woher mir in diesem Moment die entsprechenden Worte zufliegen – und erzähle von meinen Tätigkeiten als Gleichstellungsbeauftragte, Seminarleiterin, Coach und einem Vortrag zum Internationalen Frauentag, für den ich engagiert wurde. Außerdem davon, dass es immer noch Ungleichgewichte zwischen der Bezahlung von Männern und Frauen in gleichen Positionen in Deutschland gibt. Ich staune nicht schlecht über unsere Unterhaltung, aber wie ihr euch denken könnt, die Flugbegleiterinnen noch mehr 😁 Schließlich erzählt sie mir noch von ihrem Traum, ein Buch zu schreiben (neben denen, die es über ihre Kolumnen bereits gibt), den sie sich verwirklichen möchte und dafür nochmals an die Uni geht, da sich ihr noch nicht erschließt, wie man anfängt, den roten Faden behält und das Buch enden lässt. Ich muss fast lachen. Das gleiche habe ich mich auch immer gefragt und vor zwei Jahren extra einen entsprechenden Kurs belegt. Ich frage sie im Übrigen natürlich auch, ob es eine Community in Singapur gibt zwecks Übernachtungstipps. Leider nicht und sie selbst, Malayin, fliegt nur hin, da sie Meetings hat. Sie verabschiedet mich mit Namen und den besten Wünschen. Ich bedanke mich und sage, dass ich mir die Seite gerne anschaue und ihr mal maile, woraufhin sie antwortet, dass sie sich sehr freuen würde. Abgefahren. Meine Recherche setzt dem ganzen dann noch ein Krönchen auf, denn Marina Mahathir ist nicht nur sozialpolitische Aktivistin, sondern auch die Tochter des malaysischen Premierminister und war auch schon „UN person of the year“. Schön meine Begegnungen – und alle so menschlich und bereichernd, ganz egal welcher Herkunft, welchen Alters, welcher Religion jemand ist oder eben auch welchen „Status“ er trägt.

Irgendwas scheint wieder in Gang gekommen zu sein – ich bin wieder ganz bei mir, in meiner Mitte, meiner Kraft und auch in meiner Freude. Die ist besonders groß bei Ankunft in Singapur. Ich kannte den Flughafen zwar schon, aber heute tun mir diese Ordnung und Sauberkeit irgendwie besonders gut, sind sie doch auch ein Teil von mir und für mich, wie mir bewusst wird, eine Form von Stabilität und Klarheit. Ich finde sogar recht zügig den Counter für den kostenfreien Shuttle zum Hotel und 80 Minuten warten machen mir gerade überhaupt nichts aus.
Im Hotel angekommen überlege ich – mal wieder – wo ich nun die nächsten vier Nächte bleibe. Und als wollte ich mir die „Erlaubnis“ holen, rufe ich meine Mutter an. Sie macht es richtig und nimmt mir die Entscheidung nicht ab. Ich will mir zunächst noch einen Überblick über die Umgebung und vom Hotel verschaffen, bevor ich endgültig entscheide. Die Fahrt in den 8. Stock auf die Dachterrasse führt mir die Entscheidung im wahrsten Sinne direkt vor Augen. Ein genialer großer Pool und die Sicht auf viel Grün und ein in den unterschiedlichsten Türkistönen in der Sonne schimmerndes Meer machen die Entscheidung glasklar. Und doch gehe ich auch eine Runde ums Hotel, kann kaum glauben, wie viele Parks und Natur hier zu sehen sind, dazu viele bunte Papageien und singende Vögel, die mich auf dem Weg zum Strand begleiten, an dem quasi niemand ist.
Auf dem Rückweg stoße ich auf eine kleine Brauerei, in der Oktoberfest-Dekoration hängt 😍 Darüber komme ich mit der jungen Bedienung ins Gespräch, die mir von der Umgebung erzählt, mich über Bus- und Bahnverbindungen in die Stadt informiert, von einem der Biere probieren lässt und mich für abends zur Live-Musik einlädt. Alles stimmig. Jetzt zurück ins Hotel und schnell noch den guten Preis erwischen, buchen. Pustekuchen. Wie ich buchen will, steigen die Preise. Ich denke mir, völlig egal, hier will und werde ich bleiben. Und kurz bevor ich auf „jetzt buchen“ drücke, fallen sie wieder 😅 Mit dem Drücken des Buttons bin ich einfach nur glücklich. Ein großes, schönes Zimmer, ganz für mich alleine in einer unglaublich schönen Umgebung. Ich hätte mir einige Tage inneren Riesenstress ersparen können, wäre ich gleich meinem Impuls gefolgt. Aber die Tage waren wohl für mich und meine Prozesse notwendig, um dazu zu lernen, vor allem, immer und uneingeschränkt meinem Gefühl zu folgen, unabhängig davon, ob es in dem Moment vom Verstand her Sinn zu machen scheint, viel Geld kostet oder es andere vielleicht nicht verstehen.
Ich breite mich aus. Ich dusche ausgiebig, benutze die Toilettenartikel und alle verfügbaren Handtücher, mache mir einen Kaffee, trinke das kostenfreie Wasser und fühle mich wie eine Prinzessin. Und ich kann tun und lassen was ich will und wann ich will, kann auf dem Bett rumhüpfen, durch das Zimmer tanzen und Grimassen vor dem Spiegel schneiden 🤣 Herrlich und so befreiend.

Abends gehe ich also in die Brauerei und habe einen so schönen Abend. Probiere zwei unterschiedliche Biere und gegrillten Kürbis mit Chili, karamellisierten Zwiebeln, dazu leckeren Salat, ich glaube der erste auf der Reise. Die Sängerin hat eine Hammerstimme und ist zusammen mit ihrer musikalischen Begleitung einfach mega. Vorwiegend bekannte Songs, die in einem mir bestens vertrauten Radioprogramm gespielt werden 😉 Was bin ich doch wieder glücklich und zufrieden, auch dann als ich mich in dieses sowas von kuschelige Bett lege. Da denke ich noch, das ist heute wie Weihnachten, als von meiner älteren Schwester die Nachricht kommt, dass sie als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk eine Nacht im Hotel übernehmen. Heute IST also Weihnachten. DANKE liebe Jasna, Dominik und Nika!! ❤
Am nächsten Tag stehen ich und meine Bedürfnisse so ganz im Mittelpunkt 😍 Ich schaffe Ordnung in meinem Rucksack und in meinen Unterlagen, wasche die Hälfte meiner Wäsche in der Badewanne… um später zu merken, dass direkt gegenüber meines Zimmers eine nutzbare Waschküche ist 🤣 Dann hole ich mir den heftigsten Sonnenbrand überhaupt bisher, wo ich doch nur an meinem heutigen „Arbeitsplatz“ auf der Dachterrasse ein wenig schreiben wollte. Oh man, habe den Liegestuhl ja eigentlich immer brav in den Schatten geschoben…

Ich überlege, ob ich nicht doch jemanden von der Couchsurfing-Plattform kontaktieren soll, um etwas zu unternehmen, merke dann aber, dass mir die Zeit alleine und für mich gerade so unendlich gut tut.
Spätmittags gibt es einen schönen Spaziergang, bevor ich etwas esse und schließlich den Sonnenuntergang bestaune. Später beantworte ich Nachrichten und telefoniere mit meiner Familie und Freundin.
Da außerdem ein Mal pro Jahr Sport angesagt ist, entscheide ich mich heute Abend dafür 🤣 Eineinhalb Stunden im supermodernen Fitnessraum – Muskelaufbau und Ausdauer, anschließend noch einige Bahnen ziehen im Pool. Tschakka, das tat jetzt auch mal gut. Im Bett noch ein paar Recherchen und die Nacht kann kommen.