Diese Nacht kann ich kaum schlafen, vermutlich bin ich wegen meiner „Termine“ aufgeregt. Es ist nach zwei, bis ich einschlafe und das frühe Aufstehen, um den Sonnenaufgang zu sehen, kann ich mir dann wohl abschminken.

Um 9 Uhr werde ich von Gung abgeholt. Ich gebe ihm voller Freude die Hand, er wischt seine jedoch anschließend ab – ups. Da darf ich wohl noch bezüglich der Sitten hier dazu lernen 😬 Gung erzählt mir auf unserer Fahrt viel über Bali, die Menschen hier und deren Rituale, von seiner Haltung & Einstellung bin ich schwer beeindruckt. Als wir nach über einer halben Stunde am Ziel sind, reicht er mir einen Sarong und ein Tuch, das als dekorativer „Gürtel“ dient. Dann laufen wir in die Tempelanlage und bleiben an einem der Tempel stehen, es sitzen schon andere drum herum und schauen dem 97jährigen Heiler bei seiner Arbeit zu. Scheint ein lustiger Genosse zu sein, wenngleich seine Griffe manch ein Gesicht verzerren. Neben mir steht ein Schweizer Paar, von dem ich erfahre, dass einige schon an der Reihe waren, aber noch bleiben, um zuzusehen. Da ich merke, dass der Heiler schnuddelt und beibachte, wie auch andere ihre Begleitungen während der „Behandlung“ filmen, bitte ich die Schweizer, selbiges bei mir zu tun. Etwa Vier sind noch vor mir dran und so kann ich mich ein wenig einstimmen, da ich ja keine Ahnung habe, was bei einem balinesischen Heiler vor sich geht. Ich hatte schon nicht erwartet, dass das so „öffentlich“ stattfindet, habe aber auch kein Problem damit. Ich habe diesbezüglich ja schon Einiges an Erfahrungen gesammelt und erlebt 😉
Irgendwann bin also ich dran. Ich stelle mich vor den alten Mann, der meines Erachtens gar nicht wie 97 aussieht. Er scheint nicht mehr so gut zu sehen, erkennt mich wohl noch nicht in nächster Nähe und so hebt er seine rechte Pobacke und lässt erst einmal gediegen einen fahren 🤣 Ich muss an mich halten, nicht loszulachen, grinse ein wenig, bedeute eine kleine Verbeugung, als er schon direkt fragt, was mit meinem Magen los ist, da sei ja alles blockiert. Weiter sagt er „good mother, good grandmother“ und ich denke, er spricht von meiner Mutter und Großmutter, sage, dass ich keine Großeltern mehr habe. Mit der Antwort „noch nicht und er hofft und wünscht mir, dass es noch kommt“ bin ich verwirrt. Als er nach meinem Alter fragt, ist dann auch klar, dass er mich meint. Ich wäre also eine gute Mutter und Großmutter. Bis 50 wäre das alles ja auch noch möglich. Soso. Dann brabbelt er noch was von „happy happy“, sagt, ich hätte keine Probleme und will mich schon verabschieden. Halt, stopp, ich habe einen verspannten Rücken und immer wiederkehrende Probleme mit dem Brustwirbel. Ich soll mich setzen und er zeigt mir, welcher Bereich des Rückens betroffen ist und dass dies ebenfalls vom Magen kommt. Ich höre das nicht zum ersten Mal. Irgendwann liege ich auf einer Bambusmatte und er drückt eine Stelle an einem Zeh. Ich vermute, dass man meinen Schrei in der gesamten Tempelanlage hört. Ich setze mich auf und er macht eine Übung mit mir, die ich selbst auch praktizieren soll, jeden Morgen. Vor dem Spiegel lachen, das Lachen „hinunterschlucken“, im Körper „verteilen“ und das Ungute abfließen lassen. So starte man schon gut & glücklich in den Tag. Ansonsten habe ich eine gute Energie, die er schließlich noch fixiert. Da ich mich ja nicht so leicht abwimmeln lasse, beklage ich noch meine Ferse, die seit einiger Zeit schmerzt. Ich darf mich also wieder hinlegen, ein weiterer Zeh wird gedrückt. Wo nimmt dieser Mann die Kraft her beziehungsweise, warum zum Henker tut das so weh… Nun gut, wenn es hilft. Wir werden sehen. Zum Schluss murmelt er wieder was von „happy happy“ und dass ich das für mich gewählt habe. Ja, das stimmt inzwischen genau so und auf dem Video sehe ich später selbst, dass ich über beide Backen strahle. Eine bizarre Erfahrung und Begegnung. Hätte das seriös wirkende Schweizer Paar nicht gesagt, dass sie bereits im Vorjahr hier waren und begeistert, hätte ich 4 Minuten und 35 Sekunden für einen „Besuch beim Heiler“ doch sonderbar gefunden. Später erfahre ich sicher noch mehr über ihn.

Die Rückfahrt mit Gung ist wieder interessant. Ich erfahre, dass er eigentlich auf einem Kreuzfahrtschiff arbeitet und gerade Urlaub hat, es ihm aber ohnehin nicht mehr sonderlich viel Spaß macht. Von einer ehemaligen Kollegin weiß ich, dass es ein harter Job sein muss. Es sei aber quasi die einzige Möglichkeit, auch mal rauszukommen. Während wir westlichen Menschen unser Geld für Reisen, Häuser, Autos sparen, geht hier alles Geld scheinbar in Rituale und Zeremonien. Ich bin dankbar um die freundliche Bekanntschaft und wir tauschen auch Nummern, um vielleicht nochmal etwas zusammen zu unternehmen. Absolut unaufdringlich, vielmehr höflich und nett. Für so etwas bin ich ja dankbar. Von niemandem sonst erfährst Du mehr über Land, Leute und Kultur und kommst an Flecken, die Du sonst bei keinem Anbieter findest.

Zurück an meinem Guest House, genieße ich wieder ein köstliches Frühstück und muss dann nochmal schlafen, bin ganz geschlaucht. Der Heiler scheint mehr gemacht zu haben, als ich mit bloßem Auge wahrnehmen konnte, dazu die nicht ganz lange Nacht.

Um 15 Uhr werde ich dann von Paul abgeholt. Paul ist ein deutscher Mittsechziger, war dreißig Jahre Unternehmer, bis er vor acht Jahren an Krebs erkrankt ist, man gab ihm noch 8 Monate. Seither lebt er nun auf Bali. Er hatte gänzlich auf die Schulmedizin verzichtet und ist dank Heiler auf der Insel und verschiedenster Riten zwischenzeitlich geheilt, erfreut sich bester Gesundheit und ist quietschlebendig. Man hatte ihm das mal bei einer sogenannten „Palmblattlesung“ vorhergesagt, dass er einmal auf einer kleinen Insel leben wird und Menschen auf ihrem Weg hilft. Er dachte damals, die seien bekloppt und hatte sich gefragt, was die von ihm wollen. Heute weiß er, wovon die Rede war 😉 So begleitet er Reisegruppen, Einzelpersonen und hält Vorträge über die Veden und das Palmblattlesen in Europa. Übrigens hatte eine einzige Behandlung beim Heiler bei ihm die Folge, dass er nie wieder Bluthochdruck und Nierenkoliken hatte.

Diese Fahrt dauert länger, circa eine Stunde und ich erfahre von Paul so unglaublich viel über Heilmethoden und die Veden, habe Gelegenheit die wunderschönen Seiten Balis zu sehen. Tempel und Reisfelder soweit das Auge reicht, Blüten und Pflanzen, die in der Sonne strahlen, auch an kleinen Wasserfällen kommen wir vorbei, bis wir schließlich beim Brahmanen ankommen. Brahmanen sind Angehörige der indischen Priesterkaste, Lehrer des Veda und Gelehrte.
Er hat eine unbeschreiblich schöne Tempelanlage, in der er sowohl Einheimische als auch Fremde für seine Rituale begrüßt. So auch mich. Wieder trage ich einen Sarong und Paul erklärt mir kurz, was bei der anschließenden Reinigungszeremonie passiert, da der Brahmane nicht viel englisch spricht. So stehe ich also vor dem Brahmanen, der zuvor viele kleine Schälchen mit „heiligem“ Wasser und Blüten gerichtet hat, die er nun über mich gießt, während er selbst Mantren dazu singt und verschiedene Dinge sagt, die ich nicht verstehe. Nicht nötig, denn ich spüre, dass es wohltuend ist und sich gut anfühlt. Das Ritual setzt sich im Sitzen, später im Liegen fort. Ich solle versuchen, dabei nicht zu denken. Gar nicht so einfach. Dennoch bin ich bemüht, so entspannt wie möglich zu sein und selbst ein Jucken oder eine Fliege im Gesicht zu ignorieren (noch weniger einfach). Ein Zeitgefühl habe ich nicht und habe daher auch keine Ahnung, wie lange ich hier gelegen habe, nehme aber wahr, dass ich innerlich ganz ruhig bin. Danach machen wir eine Pause, es fehlt noch die Übersetzerin. Und somit warte ich auf das, worauf ich mich schon seit ewig und drei Tagen freue: auf eine Palmblattlesung. Es gibt sogenannte Palmblattbibliotheken (vorwiegend in Indien), in denen Sammlungen von Palmblättern aufbewahrt werden. Auf diesen sind vergangene, gegenwärtige oder zukünftige Schicksale der Menschen in der altindischen Sprache Sanskrit niedergeschrieben. Die Urschriften verfassten angeblich die heiligen Rishi, die in der Zeit um 5000 vor Christus lebten. Es gibt unterschiedliche Vorgehensweisen und Beschreibungen dazu, ich mache meine eigene Erfahrung und gebe sie auch in meinen eigenen Worten wieder.

Es handelt sich hier meines Erachtens nicht um eine Art „Wahrsagerei“, vielmehr geht es um Erläuterungen von Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Talenten, die teils aus vorherigen Leben mitgebracht wurden, und daraus resultierend die Aufgaben, die sich für dieses Leben und die Zukunft ergeben (können).

Wir setzen uns unter eine kleine balinesische Pagode, wobei der Brahmane erhöht hinter einer Art Tisch im Schneidersitz vor den Palmblättern sitzt. Die Blätter sind, ähnlich einem Fächer, zusammengepresst und werden außen durch Holz geschützt. Ich musste weit vorher bereits meinen Namen und mein Geburtsdatum angeben, damit die entsprechenden Blätter herausgesucht werden konnten. Er liest nun aus dem Sanskrit und übersetzt es ins Balinesische, die Übersetzerin ins Englische, Paul zusätzlich ins Deutsche. Er nimmt alles auf und doch schreibe ich sicherheitshalber das Meiste mit.

Ich kann den Beitrag jetzt unmöglich splitten. Wem es zu viel ist oder zu „spooky“, der darf sich auf die nächsten Berichte freuen, mit den Interessierten teile ich gerne auch ein paar Inhalte.

Zunächst erfahre ich meine balinesischen Geburtstage, denn hier hat man alle 210 Tage Geburtstag. So hatte ich in diesem Jahr also neben meinem eigentlichen Geburtstag am 29.03. auch am 23.01. und am 21.08. Geburtstag. Brahma Deva ist mein Schutzgott und zeigt meine Eigenschaften als Bewahrer, Schaffer und Erschaffer auf. So scheine ich gekommen zu sein, um Menschen zu helfen, Probleme zu lösen und für sie da zu sein. Bin ich in nicht in meiner Mitte, kann ich anderen dennoch mit Rat und Tat zur Seite stehen, nur mir selbst kann ich dann weniger gut helfen 😬 Was mich aus meiner Mitte bringt, sind vor allem meine Emotionen – was soll ich sagen… mit einem Feuergott, einem Feuersternzeichen und dann noch als Südländerin… 😅 Ein tägliches Wasserritual soll mir beim Ausgleich helfen.

Mein Baum ist der Banyan Tree. Unter diesem mächtigen Baum werden auf Bali all die Zeremonien und Riten abgehalten, bei uns ist es schlicht der Ficus Benjamini 😁 Meine Symbole sind der Schmetterling und der Drache, die zeigen, dass ich einen sehr guten Kontakt zu meinen Mitmenschen pflege und dabei stets höflich, sorgsam & achtsam bin, vor allem auch mit Kindern. Und immer darauf bedacht, nicht zu verletzen. Künstlerische Fähigkeiten, Entertainment, viel reisen, Menschen und Kulturen kennen lernen und gute Energien gehören weiter mit dazu. Ich habe mir jedoch auch viel Verantwortung im Leben aufgeladen, doch immer so, dass ich mit allen Menschen und Situationen zurecht komme. Ich arbeite hart und detailliert und bei mir ist nichts unmöglich 😉 Die Inkarnationen, die ich zuvor hatte, aus denen ich mir wichtige Eigenschaften für dieses Leben mitgebracht habe, waren: Bauer in Südeuropa, Schreiberin im mittleren Osten, zwei Mal Schamane in Südamerika, sozial Tätige in Südafrika, Spiritueller und Yoga-Lehrer in Asien, der in viele Länder gereist ist, um zu lehren, zu unterrichten, das Wissen weiterzugeben. Und so geht es auch dieses Mal wohl wieder darum, Menschen auszubilden, zu unterrichten, Wissen weiterzugeben und zu teilen. Und ich komme wohl erneut – als Autor 😉, Naturheiler und Sozialarbeiterin.

Ich höre welche Jobs mit meinen Fähigkeiten möglich sind und muss bei dem Teil „Admin, Orga und immer im direkten Kontakt mit Menschen“ lachen. Ich grinse sowieso fast ununterbrochen.

Ich höre Einiges zu meinen gesundheitlichen Themen und freue mich, dass ich den Großteil schon hinter mich gebracht habe (Neurodermitis, Allergien, mehrere Bandscheibenvorfälle) und auch hier tauchen der Magen und meine Kopfschmerzen wieder auf. Die empfohlenen Kräuter werde ich suchen gehen – in der Apotheke, nicht in der Natur 😆 Ich erfahre außerdem meine Glückstage und wie sich die nächsten Jahre, immer in sechs Jahresabschnitten entwickeln und wie es in den vorangegangen war. Außerdem erfahre ich, dass ich an einem Samstag mit 92 Jahren sterben werde.

Weitere Inhalte und was ich rund um das Thema Liebe, Job und Künftiges höre, bleibt an dieser Stelle erst einmal ein Geheimnis 😉

Fast zwei Stunden ging das Reading und ich bin ganz schön platt und muss das nun setzen lassen. Wobei ich mich grundsätzlich freue und mich tatsächlich in allem wiederlinde. Ich weiß nicht wie es euch damit geht, also die, die mich kennen…
Im Auto tausche ich mich mit Paul aus und ziehe sämtliche Rückschlüsse auf Erlebtes und bereits durch mich Wahrgenommenes und auch, was meine Wünsche und Pläne betrifft. Ich bin beeindruckt und dankbar, so viel Wertvolles gehört zu haben.

Da wir noch eine Stunde Fahrt haben und ich immer noch Nass vom anfänglichen Ritual bin, bitte ich Paul, ob wir in Sanur noch beim Goldenen M halten können. Ein schönes balinesisches und gesundes Essen wäre mir jetzt auch lieber, aber nach dem Tag darf das jetzt mal sein, es ist tatsächlich auch das erste Mal auf meiner Reise 😉

Und wie es der Zufall will, fahren wir noch mitten in eine Zeremonie, um nicht zu sagen Prozession. Auf der Hinfahrt, vier Stunden zuvor saßen all die Balinesen, in weiß gekleidet, unter einem Banyan-Tree, jetzt ziehen sie durch die Straßen, mit viel Getrommel, anderen Klängen, Blumen und Statuen in der Hand. Für uns heißt das einige Zeit warten, denn es geht nichts mehr auf dieser einen Straße…

Was für ein Tag, was für Erlebnisse. Nach einer ausgiebigen und vor allem heißen Dusche bin ich total aufgedreht und gespannt, wie es heute Nacht mit Schlaf aussieht.

Der balinesische Heiler

  

Das Reinigungsritual beim Brahmanen

Der Brahmane mit den Palmblättern (im Vordergrund)

   

Die Abschlusszeremonie