In Chiang Rai gelandet, bin ich mal mutig und nehme den Bus, obwohl es schon spät und dunkel ist. Ich versichere mich beim Busfahrer, ob ich die richtige Station zum Aussteigen gewählt habe, doch er sieht es anders. Und obwohl er kaum englisch spricht, verstehe ich, dass er für mich in der Nähe meiner Unterkunft hält. Wie lieb ist das denn! Neben den umgerechnet 50 Cent für den Bus, gebe ich ihm nochmal so viel für seinen Sohn, der ihn auf der Busfahrt begleitet 😊 Das Hostel ist der absolute Hammer – so was Stylishes, Sauberes & Schönes habe ich selten gesehen und die Location könnte man durchaus auch in Amsterdam oder irgendwo in Schweden finden. Ich mag die Stadt jetzt schon.
Mit dem Frühstück kann ich mein Glück kaum fassen: neben einem leckeren Buffet noch einen erstklassig frisch gebrühten Kaffee der höchsten Klasse, perfekt. Ich starte zu Fuß durch die Stadt und halte zum ersten Mal in Asien einen ordentlichen Stadtplan in Händen, der es mir möglich macht, fünf der neun Tempel der Stadt am ersten Tag abzulaufen. Tempel, wie ich sie noch nie gesehen habe und zumeist bin ich die Einzige, die dort herumtingelt. Ich bin achtsam mit dem Betreten, da ich ein ärmelloses Kleid trage, das auch nicht über die Knie geht. An einem Tempel, in den es mich hinein zieht, sage ich mit einem fragenden Gesichtsausdruck schon zu einer der dortigen Damen, dass ich vermutlich so nicht rein kann. Sie sagt, sie könne mir etwas ausleihen, dann mustert sie mich, sieht, dass zumindest meine Schultern bedeckt sind und sagt es sei okay so. Der Tempel besticht jetzt nicht in dem Sinne durch seine Schönheit und doch bin ich an diesem Ort ganz beseelt. Ich setze mich auf den ausgelegten Teppich und bleibe einen Moment, man könnte fast sagen zum „Gespräch mit Buddha“ 🧘‍♀️

Nicht immer finde ich den Weg gleich, doch immer Menschen, die mir helfen und mir den Weg zeigen, auch ohne Worte. Nach einigen Stunden merke ich dann doch auch meine Füße und gönne mir zum Abschluss der Stadtroute noch eine leckere Ramensuppe.
Am Abend sitze ich auf der Terrasse des Hostels, in dem es ausgesprochen gute Live-Musik gibt und nun bin ich diejenige, die jemanden von der Seite anquatscht: Caro und Sylvie aus München. Was haben wir einen schönen Abend und offenen Austausch, in dem wir über einfach alles Mögliche reden…
Für den nächsten Tag habe ich mir eine Tour gebucht, um die Hauptsehenswürdigkeiten Chiang Rais zu sehen. Dabei bin ich ja schon glücklich mit dem, was ich selbst schon entdeckt habe. Doch da gibt es noch den ein oder anderen Tempel… vor denen ich schließlich mit offenem Mund stehe. Die Faszination führt zu einigen Selbstgesprächen, um das alles zu teilen 😆 Der „White Tempel“ ist so unbeschreiblich schön und ich habe noch nichts derart Vergleichbares gesehen. So stelle ich mir das „Himmelstor“ vor. Ich mache ein Foto mit dem übersympathischen Mönch Tom, der zuerst mich nach meinem Namen fragt. Irgendwie freut mich das.

Weiter auf dem Programm sind auch der „Blue Tempel“ – ganz anders und dennoch auf seine Weise ebenso beeindruckend, das „Black House“ in das es mich weniger zieht, weil es, wie der Name schon sagt, sehr duster ist. Architektonisch wertvoll, doch das Innenleben mit unzähligen tierischen Überresten und Geweihen betrete ich nicht. Dafür bin ich wieder ganz angetan von den „Union of Hill Tribe Villages“. Hier leben unterschiedliche Völker aus Thailand, Laos, Burma, China, Tibet und Nepal mit ihren jeweiligen Bräuchen und Kleidungen in Strohhütten inmitten unberührter Natur. Bei den „Long Neck Karen“ schwanke ich zwischen Begeisterung und Entsetzen, denn die mehr als zwei Kilo schweren Metallspiralen um deren Hals finde ich heftig. Im Ursprung legte man diese an, um sich vor Tigerbissen in den Hals zu schützen. Da dies inzwischen überkommen ist und selbst Kindern schon der schwere Behang „dekorativ“ umgelegt wird, bleibt es mir ein Rätsel, wie man ihnen oder sich selbst das antun kann. Werden diese wieder abgenommen, gibt es nicht einen einzigen selbständig aktiven Muskel mehr… 😳

Der Weg führt uns weiter zu den hiesigen Teeplantagen, die anders sind als in den Cameron Highlands in Malaysia doch nicht weniger eindrucksvoll mit den Seen und Bergen im Hintergrund. Spannend wird es, als wir zum „Golden Triangle“ kommen, der Ort, wo der Fluss Ruak in den Mekong mündet und eine Region im Grenzgebiet der Staaten Laos, Myanmar und Thailand. Hier wird auch der Schlafmohn zu Heroin verarbeitet und das Goldene Dreieck ist somit als Lieferant für den weltweiten Heroinmarkt bekannt. Nach weiteren Sehenswürdigkeiten und insgesamt zwölf Stunden, komme ich wieder zurück, selig so viel Großartiges gesehen und Pedro aus Madrid und Ingrid aus Bad Homburg kennen gelernt zu haben. Eigentlich wollte ich, platt wie ich bin, einfach nur duschen und dann ins Bett, als es mal wieder ganz anders kommt. Die Bekanntschaften gehen weiter und heute sitze ich gefühlt ewig mit dem holländischen Ehepaar Tini & Willi auf der Terrasse.
Ich werde immer wieder gefragt, ob es mir nicht zu viel wird mit all den Menschen, denen ich begegne. Nein! Ich liebe Menschen und für mich ist es auf der Reise mit das Wertvollste überhaupt. So viel Herzlichkeit, Multi-Kulti, Geschichten, Informationen & Tipps und am Ende auf eine Weise auch immer eine Verbundenheit. Diese Form des Miteinanders bräuchte es für uns alle und überall viel mehr. Und wenn ich mal meine „Ruhe“ und meinen Raum brauche, dann nehme ich mir auch das 😉

An meinem letzten Tag in Chiang Rai laufe ich die noch vier verbliebenen Highlights der Stadt ab und es ist nicht nur Sonntag, sondern fühlt sich auch genau so an. Ich komme an einen süßen kleinen Markt, an dem ich nur Einheimische ausmache, einfach von Stand zu Stand schlendere und immer wieder mal etwas Köstliches probiere: hauchdünne Teigtaschen, gefüllt mit einer Paste aus Erdnüssen und Gewürzen, frittierte Bällchen mit Kokosfüllung und anderen Dingen, die ich nicht beschreiben kann, geschweige denn, dass ich weiß, was ich da esse 🤣 Und ich wurde bislang nicht einmal enttäuscht, es schmeckt quasi alles 😋 Mein Rückweg führt an einem weiteren Markt vorbei, der allerdings riesig ist und alles bietet, was der Einheimische so braucht: Obst, Gemüse, Fleisch, Kleidung, Nippes 😄

Den Tag habe ich außerdem genutzt, um mich für meine Weiterreise zu organisieren, zudem kommt immer mehr Klarheit bezüglich Australien – na also, geht doch 😉