Wir fahren über den Arthur’s Pass wieder zurück an die Westküste und dort nun aufwärts. Und welch Überraschung 🙃 es bietet sich uns wieder einmal ein gänzlich anderes Landschaftsbild: zu unserer Linken unendlich lange, breite Küstenabschnitte, Felsen im Wasser, zu unserer Rechten der Regenwald. Die Küste erinnert uns an die Great Ocean Road, wobei die Felsen natürlich nicht so imposant sind wie die „Twelve Apostels“. Wir gelangen schließlich an die „Pancake Rocks“. Sie haben ihren Namen, da sie aussehen wie unzählige aufeinandergestapelte Pfannkuchen. Und je mehr wir auf dem Klippenrundweg voranschreiten, desto beeindruckender wird es und es ist mal wieder kaum vorstellbar, wie die Natur so etwas hinbekommt. Abgefahren sind auch die sogenannten „blowholes“ – Gesteinslöcher, aus denen die Brandung mächtig sprüht und gegen die Felsformationen klatscht.
Da es ausnahmsweise mal ein Café an einer „Sehenswürdigkeit“ gibt und dann witzigerweise auch noch Pancakes angeboten werden, müssen wir diese natürlich auch probieren 😋 bevor es ein paar Kilometer weiter zur Wanderung in den Regenwald geht. Am Pororari River und auf gleichnamigem Track bin ich in meinem persönlichen Paradies angekommen. Irgendetwas berührt mich hier aufs Tiefste und ich habe das Gefühl, irgendwo in Südamerika zu stehen. Bei allen Regen-, Ur- oder sonstigen Wäldern, die ich bisher gesehen habe, ist dieser das Nonplusultra. Ich weiß nicht einmal zu beschreiben warum, es bleibt meine Sprachlosigkeit ob der Schönheit und Vielfalt dieser Natur 😍

Wir bleiben aufgrund der Entfernung zur Zwischenübernachtung in Westport und lernen das junge Paar Fabi und Linn kennen. Anfang Zwanzig und schon sind sie in einer „Auszeit“, haben erkannt, dass der erlernte Beruf aus unterschiedlichen Gründen nicht stimmig ist und machen jetzt erst eine Pause, bevor es dann für beide neu und anders weitergeht. Meistens schlafen sie im Auto, heute haben sie sich eine Unterkunft gegönnt. Meinen Respekt und richtig so – warum in einem Beruf verharren, wenn man nicht glücklich ist, außerdem lieber gleich, bevor man später den Mut nicht mehr hat, etwas Grundlegendes zu verändern.

Am nächsten Tag fahren wir weiter in den Abel Tasman National Park. Mehrfach habe ich von anderen gehört, dass das ihr Highlight gewesen war und so bin ich natürlich gespannt. Unser Weg führt uns über Serpentinen, vorbei an Bergen, Felsen, Wäldern, Hügeln und Flüssen, dann wieder an Obstbäumen und Weinreben. Als wir den Ort Marahau erreichen, der im Nationalpark liegt, sehen wir zunächst eine Lagune, schließlich das Meer, wobei gerade Ebbe ist und daher umso mehr vom goldgelben Sand zu sehen ist, und sind – völlig irritiert. Wir haben mit allem gerechnet, nur nicht mit Sandstränden. Fast sind wir irgendwie enttäuscht, was keinesfalls heißen soll, dass das, was wir sehen, nicht auch megaschön aussieht. Es ist eher ein bisschen so, als werde Dir ein Restaurant empfohlen, das von der Beschreibung her „italienisch“ sein müsste, dann gehst Du rein und es wird nur asiatisches Essen serviert. Auch lecker, doch die Vorstellung war eben eine andere. Wir sind auf dem Campingplatz, der direkt am Startpunkt des „Abel Tasman Coast Track“ liegt. Er gehört zu den neun „Great Walks“ Neuseelands und wie wir das aus unserer Mini-Cabin am ersten Tag beobachten, könnte man meinen, es sei der hiesige „Jakobsweg“ 😃 Wir nehmen uns einen Teil davon für den nächsten Tag vor, doch erst habe ich noch etwas anderes vor. Nennen wir es ein Date. Es ist schließlich Valentinstag. Frank und ich wollen in den frühen Morgenstunden an den Strand, da sei es am schönsten und ruhigsten. Wir haben sofort diesen „Draht“ zueinander und es harmoniert unwahrscheinlich. Außerdem erfülle ich mir einen Traum, denn ich wollte schon immer einmal am Strand spazieren reiten. Frank ist also mein vierbeiniger Begleiter und bereitet mir große Freude 😂 Auch der Reitlehrer ist ein witziger Genosse und hat neben Sprüchen auch sehr „hilfreiche“ Lebensratschläge parat 😆 Ich genieße diesen langen Ausritt voll und ganz, dazu die zunehmend faszinierendere Landschaft. Es hat so etwas Beruhigendes und Friedliches das Reiten. Und wie ich später nach einem Wort recherchiere, stoße ich auf „Wanderreiten“, das sogar vorwiegend in Baden-Württemberg angeboten wird. Na wenn ich das nach meiner Rückkehr nicht auch mal mache 😍
Nun geht es auf zwei Beinen weiter, wir starten unseren ganz persönlichen „Coast Track“ und müssen gestehen, dass die Enttäuschung völlig daneben war, denn das was wir da an der Küste durch den Wald wandernd sehen, ist absolut spektakulär: goldgelber Sand, türkisfarbenes Wasser, die kräftig grünen Hügel und Wälder im Hintergrund. Natürlich wollen wir nicht nur oberhalb des Strandes gehen, sondern nehmen einen Weg, der zu einem Strand führt, an dem keine Menschenseele ist. Dafür Muscheln an den Felsen, wie ich sie in der Menge noch nie gesehen habe. Wir hangeln uns so gut es geht an ihnen vorbei, um an die nächste Bucht zu gelangen. Hier gibt es zwar Menschen, doch man kann sie an einer Hand abzählen. Ist ja unglaublich. Doof, dass wir keine Badesachen eingepackt haben, wenngleich wir beide keine Wasserratten sind, doch alleine um die Aussicht zu genießen, hätte sich ein Handtuch allemal gelohnt 😉 Lustig ist auch, dass man sich mit einem Wassertaxi abholen lassen kann. So ist es möglich, in eine Richtung zu wandern und zurück gefahren zu werden. Ähnliches geht mit dem Kajak, man fährt zu einer Stelle X und wandert dann zurück, auch interessant. Wie wir beobachten und später hören, ist es mit dem Kajak, der Ebbe und dem Wind gar nicht so einfach, sich vorwärts zu bewegen, muss dennoch auch ein Erlebnis sein.
Als wir, wieder zurück, Wäsche waschen wollen und über den Campingplatz schlendern, kommen wir an zwei Mädels vorbei, von denen mir eine irgendwie bekannt vorkommt. Mein Gehirn bekommt einen „Scanauftrag“, übermittelt mir einen Namen, der schließlich aus meinem Mund geschossen kommt, während die beiden schon etwas weiter weg sind: „Kate!?“ Und tatsächlich, Kate dreht sich um, sie ist es wirklich. Wir kreischen ein wenig und fallen uns dann in die Arme. Ich hatte sie in Perth kennen gelernt, als ich mich mit Carolina zum Abendessen getroffen hatte. Die beiden kannten sich wiederum aus dem Hotel. Ich Carolina aus Rainbow Beach, als uns die Hausherrin mit Antonio dem Spanier zum Sonnenuntergang schickte 🙃 So klein ist also die Welt. Ich meine mich vage zu erinnern, dass Kate erwähnt hatte, sie sei halbe „Kiwi“ und werde im Februar nach Neuseeland reisen. Doch ich habe zunehmend mehr Schwierigkeiten, mir jedes Detail zu behalten – zu viele Erlebnisse, Ereignisse, Menschen, Informationen 😬 Es bleibt bei einem Small-Talk, da ich heute Abend noch verabredet bin, wirklich und mit einem Menschen 😂 Zufällig kommt nämlich Christine auf den gleichen Campingplatz. Wir hatten just einen Tag zuvor geschrieben und so hat es sich ergeben, dass wir das vorher wussten. Wir waren gemeinsam auf der Tour durch den „Kakadoo National Park“ Anfang Dezember in Australien. Und so tauschen wir uns in der um die Ecke gelegenen Pizzeria über unsere letzten beiden Monate aus. Ich freue mich richtig, es ist ein bisschen wie Freunde wiederzutreffen, die man länger nicht gesehen hat 😊

Da Marianne und ich die Fahrten ja immer nutzen und dort halten, wo es etwas zu sehen gibt oder wir einen Walk machen können, ist es heute als erstes der „Split Apple Rock“, eine gespaltene Gesteinskugel aus der Eiszeit. Nicht ganz einfach zu finden, doch ganz nett anzusehen, außerdem gelingt mir wohl eines der besten Bilder überhaupt, da ein Vogel direkt darüber fliegt, als ich knipse. Im weiteren Verlauf der Fahrt wird es wieder sehr kurvenreich und erinnert ein wenig, auch landschaftlich, an die Schwarzwaldhochstraße. So etwas wie Heimatgefühl kommt auf 😊 Hoch oben angekommen, brauchen wir unseren allmittaglichen Cappuccino und halten auf einer „Woolfarm“ mit einem Café, Shop und allerlei Tieren wie Ziegen, Sträußen, Hühnern, einem Lama und einem gefleckten Schwein, das sich sonnt 😆 So urig und so schön zum Verweilen.

Wir kommen nach „Takaka“, steuern unsere Unterkunft an. Es ist niemand da und das ist gut so, denn ich bin ein wenig baff ob dessen, was ich da schon um das Haus herum an Chaos und Unordnung sehe. Da der Neuseeländer weder Klingeln hat, außerdem nie abschließt, gelingt mir auch ein kurzer Blick in den Flur des Hauses. Ich sehe zwar noch nicht das Zimmer, in dem wir wohnen, doch das will ich fast auch gar nicht mehr. Wir fahren also wieder davon und überlegen, wie wir dieser Unterkunft entkommen könnten. Sie ist allerdings fest gebucht und ich kann nicht einfach so und kostenfrei stornieren. Wir fahren ans Wasser, um uns etwas aufzumuntern und staunen nicht schlecht, denn hier beginnt die „Golden Bay“ und genau so sieht sie auch aus, selbst bei Ebbe einfach unglaublich schön.
Zurück an der Unterkunft, werden wir zumindest sehr freundlich begrüßt, ein großes Gespräch findet allerdings nicht statt und so landen wir in unserem Zimmer. Sehr esoterisch angehaucht, was mich ja überhaupt nicht stört, doch es ist schmuddelig und wenig einladend. Dazu teilen wir uns das Bad mit der gesamten Familie und es ist wohlgemerkt kein AirBnB. Nachdem Marianne und ich uns besprechen, gehe ich zu dem netten Eigentümer und frage freundlich, ob es okay wäre, wenn wir nur eine Nacht blieben. Wir hätten noch andere Pläne und fühlten uns außerdem nicht ganz wohl. Kein Problem. Ein Stein fällt uns vom Herzen. Darauf hin gehen wir in den kleinen Ort, um eine Kleinigkeit zu essen. Uns war mittags ein Café-Restaurant aufgefallen, das Salate auf der Speisekarte hat. Und da mir Salat regelrecht fehlt, bekommt es den Zuschlag. Etwas verwundert sind wir, dass alles betont in Bio-Qualität angeboten wird und auch über die Klientel, die hier im Biergarten sitzt. Fast lache ich los, als Marianne nach einer Cola fragt. Und natürlich gibt es nur eine Bio-Alternative 😅 Die Qualität ist tatsächlich top und das Essen schmeckt herausragend. Verwundert sind wir über einen schnieken jungen Mann, der hier herumläuft, es ist jedoch auch „nur“ der Live-Musiker des Abends 😆 Noch viel mehr wundern wir uns über all die Läden, an denen wir später noch vorbei schlendern. Batikmuster auf allen Kleidungsstücken, Gebetsfahnen, Räucherwerk, „Reformhäuser“, Schmuckläden. Auch hier wieder Menschen, die barfuß, in der bunten Kleidung der Flower-Power-Zeit oder mit Dreadlocks herumlaufen. Hm, irgendwie skurril so geballt. Am nächsten Morgen nehmen wir vor der Weiterfahrt noch den Samstagsmarkt mit, müssen jedoch ein wenig kichern, denn auch hier viel Bio, viel Alternativ, wie aus einer anderen Zeit. Tatsächlich kaufe ich mir auch eine Gebetsfahne, in ganz gesetzten Farben, die ich so schön noch nirgendwo gesehen habe. Und mir scheint, als bräuchte ich aus diesem Ort ein Erinnerungsstück, so unwirklich wie er ist. Und ich hake bei der Verkäuferin mal nach und recherchiere später auch: tatsächlich war Takaka einst Hochburg der Hippies. Heute noch kommen die Menschen im Sommer in Scharen, um zusammen auf der Wiese zu meditieren, Gemeinschaft zu leben, sogar Nacktradeln wird wohl  angeboten 🤣

Heute ist der nördlichste Zipfel der Südinsel unser Ziel, die langgezogene Landzunge „Farewell Spit“, die einst die Sandbrücke zur Nordinsel war und beide Inseln miteinander verbunden hat. Die Spitze selbst ist nur mit einer Tour möglich. Wir finden eine Alternative, wie wir sie gewiss nicht vermutet hätten. Erst entdecken wir den „Cape Farewell“, bei dessen Anblick uns der Atem schon stockt und der auf dem Foto nicht ansatzweise zeigt, was er ist. Dann sehen wir aus höchster Höhe, die Marianne mit ihrer Höhenangst mal wieder 1A meistert, die Landzunge, die in weiter Ferne im Dunst des Wassers verschwindet und schließlich gehen wir den „Puponga Hilltop Walk“, der uns zum Wharariki Beach führt. Erst über Hügel, dann vorbei an einem Sumpfgebiet und schließlich: weiße Sanddünen so weit das Auge reicht. Wir fühlen uns wie in der Wüste. Mit dem Unterschied, dass vor uns das Meer liegt, mit regelrechten Felsbergen darin, einem schier unendlich langen Sandstrand und dann sind da diese Wasserlöcher in den Felsen, in denen… Babyrobben spielen! Direkt vor unseren Füßen, voller Freude und völlig unerschrocken. Gelegentlich kommt die Mutter hinzu, doch die zieht es eher ins „große“ Meer 😁 Ich glaube, ich bin jetzt an einem Punkt angelangt, an dem ich kaum noch aufnehmen kann, was ich sehe. Jeden Tag so viele unterschiedliche Eindrücke, die ich kaum noch verarbeitet bekomme, geschweige denn geschrieben oder in Bildern sortiert… Meine Freude drücke ich auf dem Rückweg so aus, dass ich die Sandhügel hinunter renne, wie ein kleines Kind. Hab ich einen Spaß! Bis ich mir kurz vor meinem Ziel die Fußsohlen verbrenne – autsch! 😬