Wir haben zwei Nächte vor uns, für die wir noch nichts gebucht haben, zum einen wegen der stornierten Nacht in Takaka, zum anderen wollten wir uns wegen der verheerenden Waldbrände in Nelson noch nicht festlegen. Zu unserem Erstaunen sehen wir jedoch nichts davon und finden am bekannten „Tahuna Beach“ beim zweiten Versuch in einem weiteren Holiday Park ein Zimmer. Er ist schön gelegen, fast direkt am Wasser und so haben wir abends die Gelegenheit für einen ausgiebigen Spaziergang, auch über den Campingplatz, was sehr lustig ist, vor allem im Bereich der Dauercamper. Von „Das sieht ja aus wie ein Zuhause!“ bis „Hilfe, was ist das denn?“ ist alles vertreten 😁 Nelson selbst besuchen wir am nächsten Morgen, sehen auch den „pompösen Aufstieg der eher unspektakulären Kirche“, wie es im Reiseführer steht, gehen ein wenig umher, doch das Augenmerk liegt auf Frühstück und nach Ewigkeiten komme ich mal wieder in den Genuss von Eiern, dazu noch pochierten, yummie. Wir finden es ist eine Stadt wie viele andere in Neuseeland und fahren weiter Richtung Blenheim (sprich: Blenem 😉), das für seinen Weinanbau bekannt ist. Hier ergeht es uns ähnlich wie in Nelson, allerdings kommt jetzt Marianne, die dann doch kein Frühstück wollte, mit Kuchen auf ihre Kosten. Es scheint ganz grundsätzlich ruhiger, denn es ist Sonntag. Wobei viele Geschäfte selbst da geöffnet haben, dafür unter der Woche nur bis 17 Uhr, das bin ich gar nicht mehr gewohnt, wobei es in Australien schon ähnlich war. Alles unspektakulär, also fahren wir weiter, dann ist es Morgen schon nicht so weit zu fahren. Wir kommen wieder in diese märchenhafte goldgelbe Hügel-Landschaft, an der ich mich schlicht nicht satt sehen kann. Das Highlight hier: wir sehen rosafarbene (!) Seen. Das Schlimme: ich habe keine Chance, sie auf der Hinfahrt zu fotografieren. Da wir denselben Weg wieder zurück fahren, muss ich mir etwas einfallen lassen 😆

Irgendwo im Nirgendwo an der Ostküste, wo wir inzwischen nach langer Zeit wieder sind, ist am Straßenrand ein „B&B“ Schild und wir biegen direkt ab. Das Haus sieht schon mal toll aus und der nette Mann zeigt mir das Zimmer – Glücksgriff, nehmen wir. Da es weit und breit nichts gibt (also gar nichts!), bietet Lynn uns an, heute Abend mit ihnen zu essen, sie grillen. Das ist ja nett. Keine Stunde später landen Jette und Mark aus Schweden genauso zufällig hier und bekommen auch noch ein Zimmer. Und während später die Männer bei selbstgebrautem Bier grillen, gibt es für uns das erste Gläschen Wein. Sie tischen unglaublich viel auf und so gibt es neben Lamm, Rind und Hühnchen, auch Kartoffeln vom Grill, Meeresfrüchtesalate, auch einen grünen, Dips und Saucen. Und zu meiner übergroßen Freude schmeckt hier sogar das Fleisch. Wir reden über Gott und die Welt, essen und Lynn schenkt uns immer wieder nach 🤪 Bis zum Ende des Abends habe ich einen sitzen und schwanke – nein, nicht beim Gehen – zwischen „oh man, ich wollte doch noch so viel erledigen“ und „ach wie schön so eine Erfahrung mit Einheimischen doch ist“. Ich entscheide mich für letzteres und auch dafür, zeitnah zu schlafen.
Morgens weckt uns der Sonnenschein und ein richtig gutes & reichhaltiges Frühstück, übrigens inklusive „Marmite“, was das „Vegemite“ der Neuseeländer ist. Da merkt man, dass die beiden Gastgeber früher ein Motel, dann ein „Fish & Chips“-Imbiss geführt haben. Fast schade, dass wir schon wieder gehen, denn das war in jeglicher Hinsicht einfach schön. Wir drücken uns alle, Lynn macht noch Fotos und dann geht’s los. Unsere Fahrt ist an sich nicht lange, doch unterwegs reiht sich eine Baustelle an die nächste. Wie wir später erfahren, liegt es daran, dass Kaikoura beim letzten Erdbeben am schlimmsten betroffen war. Die Menschen saßen fest, da alle Zugangsstraßen zerstört waren, auch Häuser im Zentrum waren nicht mehr viele übrig. Gott bewahre, das will man nicht erleben.
Wir sind nur aus einem Grund hierher gekommen und dafür diesen Umweg gefahren: die Wale. Die Chancen, hier welche zu sehen, sind scheinbar groß und da wir beide noch nie welche gesehen haben, wollen wir das probieren. Was man an dieser Stelle mal als äußerst positiv festhalten muss: falls man auf der „Whale Watching“-Tour keine Wale sieht, erhält man 80% (!) des Betrages wieder zurück. Nicht notwendig, denn wir haben Glück und sehen insgesamt drei unterschiedliche Pottwale. Meine Güte, ist das beeindruckend. Sooo große Tiere. Wir sind mit dem Boot sehr nah dran, sehen erst wie sie Wasser beim Auftauchen als Gischt nach oben blasen, minutenlang einatmen, sich dann „aufbäumen“, um schließlich unterzutauchen, die Fluke zuletzt, wie man es von Bildern kennt – und nun habe ich selbst welche und habe es zudem live gesehen 😍
Womit wir überhaupt nicht gerechnet haben, sind die am Himmel kreisenden Albatrosse und die unzähligen Delfine, die wir schließlich noch sehen. Lebensfreude pur! Sie schwimmen neben dem Boot, es sind so viele, dass man gar nicht weiß, wo man hinschauen soll, manche springen, man könnte meinen eine einstudierte Formation und es macht einfach nur glücklich, sie zu beobachten und ihnen zuzuschauen. So glücklich, dass mir die Tränen kommen… Ich glaube, das wäre auch mal noch was für mich, mit Delfinen zu schwimmen. Es muss im Meer ganz anders sein als in einem Becken, Fabi und Linn, das junge Paar, hatten es gemacht und ganz begeistert davon erzählt.

Am nächsten Morgen drehen wir noch eine Runde auf dem Hochplateau der Halbinsel und genießen erneut einen neuen unglaublichen Ausblick auf eindrucksvolle vermeintliche Felsplatten im Wasser. Tatsächlich ist es der weltweit einzige 500 Meter tief im Wasser liegende Canyon direkt vor der Küste.
Ich für meinen Teil bin etwas melancholisch, denn unsere Zeit auf der Südinsel geht zu Ende und mal ehrlich, das kann alles ja nicht mehr getoppt werden. Und wir fühlen uns wirklich reich beschenkt. Neben den vielen WUNDERbaren Erlebnissen und Landschaften, hatten wir einfach auch sonst rundum Glück, selbst mit dem Wetter. Wenn es mal geregnet hat, dann nur in der Nacht, ein Mal als wir im Auto saßen.
Und so geht es nach Picton, von wo aus uns morgen die Fähre samt Auto auf die Nordinsel bringt. Picton ist richtig schön. Ich hätte mir einen Ort, an dem mehrmals täglich die Fähren ein- und ausfahren anders vorgestellt und bin positiv überrascht. So stelle ich mir Südfrankreich vor: Cafés mit Blick auf viele kleine und große Boote, die Uferpromenade prachtvoll bepflanzt, kleine Boutiquen und Läden, dazu Charme und Flair und Sonnenschein 😊 Der richtige Ort, um zum Frisör zu gehen, auch wenn die Frisur anschließend auf der Fähre „vom Winde verweht“ wird 😎

So eine Autofähre ist schon beeindruckend und ich werde nie verstehen, wie sich ein so monströses schweres Teil auf dem Wasser halten kann. Dreieinhalb Stunden dauert die Überfahrt und es fehlt an nichts. Wenn man wollte, könnte man sogar ein Zimmer mieten. Die erste Zeit verbringen wir draußen, da es durch die fabelhaften fjordähnlichen Wasserarme der „Marlborough Sounds“, vorbei an Muschel- und Lachsfarmen, geht. Und wieder dürfen wir viele Delfine beobachten. Bis zuletzt einfach nur traumhaft diese Südinsel 😍
Zwischendurch müssen wir dann doch hinein, da es draußen zu windig und kühl wird, bis kurz vor Wellington. Und wir können schon aus der Ferne kaum glauben, was wir sehen: die erste richtige Großstadt Neuseelands. Sehr kontrastreich…

Warum auch immer, sind wir für die Nordinsel auf AirBnB umgestiegen, das heißt, wir wohnen privat bei Einheimischen. So wohnen wir die erste Nacht in einem großzügigen Zimmer in einem tollen Haus, das noch viel Potential hat 🤣

Wir versuchen es mit einem Parkplatz in der Großstadt und ich würde mit Marianne gerade nicht tauschen wollen. Als wir endlich den Eingang eines Parkhauses finden, fahren wir die fünf Ebenen ab, die es bietet, um zu merken, dass es nur wenige öffentliche Parkplätze darin gibt. Und es gelingt uns nicht, auch einen davon zu ergattern 🙄 Gefühlte Stunden später finden wir einen freien Platz in einem Parkhaus nahe des Hafens und haben so Gelegenheit, uns diesen mit seinen vor allem kulturellen Sehenswürdigkeiten und einen Teil der Innenstadt anzusehen. Gerade so viel, dass wir nach drei Wochen Natur und kleinen Orten nicht überfordert sind 😁 Und wenn wir dachten, stadtauswärts wird alles besser, so müssen wir feststellen, dass das fehl gedacht war. Mehrspurige, volle Straßen, komplett bebaute Orte, riesige Werbetafeln und Geschäfte, die Natur nur noch ein Schleier im Hintergrund. Wir müssen schlucken. Wir haben oft, um nicht zu sagen immer gehört, dass die Südinsel die schönere sei, doch das deprimiert uns. Und der Himmel weint mit, denn es fängt in Strömen an zu regnen…