Ich checke im „USA Hostel San Francisco“ ein und bin ganz überrascht, wie freundlich und zugewandt sie hier sind und was angeboten wird: neben Touren sogar Frühstück. Es ist mein erstes Hostel in den Staaten. Ich bin in einem 4er Mädels-Zimmer, es ist aber gerade keine da, sodass ich nochmal ein wenig dösen kann. Aus dem einen Bett raus – zugegeben einem etwas komfortableren – in das andere hinein. Hey, es ist Sonntag, da ist das völlig legitim, wie ich finde 😉 Immerhin raffe ich mich später auf, nein anders, irgendwann fordert mein Magenknurren mich auf, meinen Allerwertesten nochmal hinaus zu bewegen. Und da ich mich ja nicht wirklich auskenne, auf dem Stadtplan jedoch sehe, dass ich nur geradeaus gehen muss, um nach Japantown zu gelangen, entscheide ich mich für genau diese Einfachheit. Allerdings sind die Straßen hier ziemlich lang und teilweise ziemlich steil dazu, egal, geradeaus. Wie schade, ich bin zu spät, denn hier war die Tage wohl das „Cherry Blossom Festival“ und es wird gerade abgebaut und die Straßen gereinigt. Nicht schlimm, denn die Kirschblüten sind ja immer noch da und jetzt bekomme ich ein Gefühl dafür, wie es in Japan zur Kirschblütenzeit aussehen muss – genial! Es ist im Übrigen weltweit das erste Mal, dass ich in einer Großstadt ein Japantown sehe und es ist wahrlich interessant. Japan ist ohnehin auf meiner Reiseliste (für irgendwann mal 😉). Ich schaue mich ein wenig in den Straßen und in den Läden um, denn der Japaner hat ja dann doch so ganz andere Sachen als alle anderen 😆 Beim Essen kann ich mich allerdings nicht entscheiden und nehme daher ein thailändisches Essen auf dem Rückweg mit. Im Zimmer lerne ich nun meine „Mitbewohnerinnen“ kennen, das sind Svenja und eine Koreanerin, dessen Namen ich mir beim besten Willen nicht merken kann. Selbst wenn ich ihn noch wüsste, könnte ich ihn garantiert nicht schreiben 😅 Über Svenja freue ich mich richtig, endlich kann ich mal wieder deutsch sprechen. Ich meine, das ist schon außergewöhnlich, denn manchmal waren es mir zu viele von unserer Sorte 😝 Viel mehr passiert heute auch nicht mehr, doch ich habe mich immerhin für morgen früh für den Stadtrundgang angemeldet. Wundere mich zwar, dass der 3-4 Stunden dauert, aber so bekomme ich immerhin eine Orientierung und kostenfrei ist es auch.
Das Hostel gefällt mir, es ist sauber, wir haben sogar ein Waschbecken auf dem Zimmer und das Frühstück ist verhältnismäßig in Ordnung. Neben dem Ungesunden gibt es auch Bananen und Mandarinen, immerhin.
Ich warte also zum verabredeten Zeitpunkt in der „Hostel-Lobby“ und wir sind irgendwann komplett. Da kann ich mich noch so viel umschauen, ich scheine die einzige Frau unter sieben Männern plus einem männlichen Tour-Guide zu bleiben. Ich überlege kurz, ob ich da bleiben soll und sage mir dann selbst, dass ich jetzt auch nicht rumspinnen muss, die werden mich schon nicht fressen.
Schweigend trotten wir alle unserem Guide hinterher und ich beobachte aus den Augenwinkeln jeden einzelnen des anderen Geschlechts. Dabei fallen mir zwei „Blondies“ auf, die ich am Vorabend habe einchecken sehen. Der eine scheint ein Temperamentsbündel zu sein und quatscht direkt mit unserem Guide, vom Akzent her tippe ich auf Holländer, vom Aussehen passt das auch. Ich mag Holländer ja. An dieser Stelle muss ich meinen liebsten Lieblingsholländerfreund Dennis erwähnen, ohne ihn würde in meinem Leben echt etwas fehlen ☺ Die anderen in der Gruppe wirken dann doch etwas exotischer. Irgendwann wird mir das „Stummgehen“ zu doof und ich spreche einfach mal einen an, der neben mir läuft, irgendwann den nächsten und was soll ich sagen, nach einer Weile weiß ich, wer mit dabei ist, woher die Jungs sind und was sie hier machen. Na also, geht doch 😆 Unser Weg führt uns zum Union Square, von dort nach Chinatown und Little Italy, zum Washington Square und schließlich zum Coit Tower, den die meisten von uns auch besteigen. Zum Glück bin ich dabei, denn der 360°-Blick über die Stadt ist gigantisch: die Bay Bridge zur einen Seite, die Golden Gate Bridge zur anderen, dazwischen all die Piere und Wolkenkratzer, Alcatraz, die Parks der Stadt. Und bei Sonnenschein und blauem Himmel sehen wir all das wirklich scharf und klar, scheinbar gar nicht so selbstverständlich. Was so ein gemeinsames „Erlebnis“ doch ausmacht, denn inzwischen vertiefen sich die Gespräche und ich bin geradezu beeindruckt, wie offen die Herren der Schöpfung sind. Da wird mir von Burn out, nicht verwirklichten Träumen, vorhandenen Wünschen und Visionen erzählt und ich höre wie immer aufmerksam und interessiert zu. Bis ich mich verschlucke und einen Hustenanfall bekomme, der sich anfühlt als würde ich gleich ersticken 😱 Besorgt sind sie auch noch. Niels, einer der Holländer, kommt und fragt, ob alles okay ist, legt mir beruhigend die Hand auf den Rücken. Ist ja schon fast süß. Ich überlebe und das ist gut so, denn nachdem Drei inzwischen gegangen sind, finde ich, dass wir eine nette kleine Runde sind. Das sind also Niels und sein Bruder Maikel, Theo aus London mit karibisch-indischen (!!) Wurzeln, Amit, der Fidschianer, der eigentlich in Neuseeland, gerade aber in Sydney lebt, unser verrückter koreanischer Guide, dessen Namen ich mir leider auch nicht merken kann und ich selbst. Wir gehen weiter in Richtung der berühmten „Lombard Street“, die als kurvenreichste Straße der Welt gilt. Mir wurde sie von einer Reisenden sogar als „die schönste Straße der Welt“ beschrieben, „voller Blumen und Blüten, ein  Traum“. Wir kommen also an und ich frage, wo die Straße sei, schaue mich um, weil ich sie weder als die kurvenreichste noch als die schönste Straße identifizieren kann 🤣 Ich lache. Ich würde es eher als „Straßenabschnitt“ bezeichnen mit den vielleicht engsten & meisten Kurven auf einem kurzen Stück mit viel Grün. Gut, das wiederum liegt daran, da die, es müssen wohl Hortensien sein, nicht blühen. Also das Foto, das Theo von mir macht, wird gut, das allerdings liegt einzig an meinem knallgelben Pulli vor dem Grün und vielleicht wegen mir, aber sicher nicht wegen dieser Straße 😆 Wie auch immer, wir haben Spaß zusammen, manchmal braucht es einfach auch nicht mehr. Der Rückweg dauert seine Zeit und als wir nach etwa 10 Kilometern zurück am Hostel sind, sind wir auch ein bisschen platt. Maikel besorgt einen Karton voll Dosenbier und wir setzen uns in den Aufenthaltsraum im Keller. Draußen wäre zwar schöner, da ist Trinken allerdings nicht erlaubt und gerade tut einfach nur sitzen gut, ehrlich gesagt, egal wo. Ich werde echt alt, ich merke, dass ich mich hinlegen muss 🤪 Wir verabreden uns für später, denn im Hostel kocht einer der Volunteers und wir befinden das für eine gute Sache.
Ich nehme Svenja mit zum Essen, sie war auf Alcatraz und konnte daher leider nicht mit zum Stadtrundgang. Wieder ein Glückstag, denn es gibt… KÄSESPÄTZLE! Oh mein Gott, wie ich sie liebe! Aaaallerdings sind die jetzt auch nicht ganz so wie bei uns. Spielt keine Rolle, gerade genieße ich sie. Dazu mit Käse überbackenes Brot. Und ich habe es aufgegeben, hier gesund essen zu wollen 😖 Dazu immer wieder Bier. Ich weiß gar nicht, wie ich das jemals wieder abtrainieren soll. Was soll’s, muss ich mir bei Käsespätzle jetzt gerade auch keinen Kopf machen. Anschließend geht’s an den Billiardtisch. Dort lernen wir noch einen New Yorker kennen, der die Regeln mal so richtig versteht und auch akribisch genau nimmt. Als noch ein dunkelpigmentierter überdrüberobercooler zugekiffter Amerikaner dazu kommt, könnte die Runde nicht kompletter sein, auch nicht verrückter, der Spaß- und Lachfaktor nicht höher. Da reicht manch Blickkontakt unter uns „Normalos“, um in Gelächter auszubrechen. Interessant, wie verunsichert da unser New Yorker Schnösel darauf reagiert. Ja, es gibt Momente, da muss man einfach auch mal lästern und Spaß dabei haben. Ich meine, wir sind ja trotzdem nett und nehmen die Menschen, so wie sie sind, in unsere Runde mit auf 😎 Übrigens haben Niels, Maikel und ich uns für die morgige Fahrradtour angemeldet und versuchen, auch Theo und Amit zu überreden, gestaltet sich gar nicht so einfach. Svenja kann leider wieder nicht mit, da sie schon ein Hop on, hop off-Busticket gebucht hat.

Ach ist das schön, alle beim Frühstück zu treffen. Es ist als hätten wir schon mehrere Tage miteinander verbracht. Und als es losgeht ist die Freude groß, den Theo und Amit haben sich durchgerungen mitzukommen. Dazu ein Argentinier, ein Schwede und juhu, eine Frau, aus Paris. Wir gehen zu Fuß zum Fahrradverleih und dann geht es los. Ach Gott, ist das abgefahren – wir fahren mitten durch die Großstadt und auch mitten auf der Straße. Heute ist der Mexikaner Alex unser Guide und erklärt, dass die Stadt sehr radfahrerfreundlich sei. Fühlt sich zwischen all den Wolkenkratzern dennoch seltsam an, hat aber definitiv auch was für sich. Wir gelangen irgendwann an die Piers und es ist wieder so ein herrlich sonniger Tag. Am Pier 39, wo ich auch zum Segeltörn gestartet bin, machen wir unseren ersten Halt, um bei einem Eis die vielen Seerobben im Hafen zu beobachten. Dann geht es weiter, wird immer ruhiger und wir lassen den Trubel dieser wunderschönen Großstadt hinter uns, sehen aus der Ferne schon die unbeschreiblich schöne Golden Gate Bridge. Wir machen einen Stopp, um ein paar Fotos mit der Brücke im Hintergrund zu schießen. Eines mit Niels und Maikel gefällt mir besonders gut. Ich würde meine Schwestern für nichts in der Welt hergeben, aber so zwei Brüder, hätte auch was 😎 Nächste Station ist eine wohlhabende Wohngegend, in dem der ansehnliche, römisch-griechisch anmutende „Palace of Fine Arts“ wunderschön am Wasser gelegen ist. Alex bleibt bei den Rädern, sodass wir zu Fuß das Palais aus nächster Nähe bestaunen können. Die kleine Pause tut gut, zumal wir zwei Steile Stücke auf dem Weg haben, unter anderem den, der zur Brücke hinauf führt, denn wir werden sie mit dem Fahrrad überqueren. Zugegeben reicht meine Kondition nicht aus und ich muss das letzte Stück schieben 😅 Und dann dieses einzigartige Erlebnis auf der Golden Gate Bridge. Das fühlt sich wahrlich besonders an, dazu der einmalige Ausblick auf die Skyline der Stadt, die Inseln und auf das Meer. Wenn es hochgeht, geht es irgendwann auch wieder runter und so lassen wir den Rädern freien Lauf, hinab nach Sausalito. Wenn ich mal groß und reich bin, kaufe ich mir hier ein Häuschen. Kann aber noch dauern, denn die Preise liegen bei 8 Millionen Dollar!! Okay, vielleicht kaufe ich mir auch woanders eines 😅 Wir gehen zusammen essen und können uns dabei ganz entspannt zurück lehnen, denn wir müssen die 16 Kilometer nicht wieder zurück fahren, denn im Preis inbegriffen: ein Fährticket. Ja, so lässt es sich das Leben genießen. Ein im wahrsten Sinne des Wortes wertvolles Fleckchen Erde, tolle Menschen, mal wieder ein italienisches Essen mit einem San Pellegrino, dazu Sonnenschein pur. Was will man mehr? Ich gerade nichts ☺
Die erste Fähre nimmt uns nicht mit, ist schon voll, doch die nächste ist zum Glück schon in Sicht. Vom Fährhafen haben wir nochmal eine lustige Fahrt durch die Stadt, bevor wir die Räder wieder abgeben. Als ich Svenja im Zimmer wiedersehe, lachen wir beide, denn das Wetter hat sowohl im Bus als auch auf dem Fahrrad für Sonnenbrand gesorgt. Wobei sie oben im Bus mehr geschienen haben muss 😬 Es ist ja nicht lustig, aber Svenja hat knallrote Ohren. Ich gebe ihr mein Fenistil und am Ende ist es ein top Deal, denn sie gibt mir ihre ganzen Ibuprofen. Praktisch so eine Arzthelferin im Zimmer 😉 Mal ehrlich, ich traue den deutschen Präparaten irgendwie mehr. Und auch wenn ich nicht auf Medikamente stehe, komme ich um Ibuprofen leider nicht umhin, außerdem helfen die ja quasi bei Allem. Die Jungs, allen voran der Mexikaner, wollen heute Abend zur Kneipentour und zum Salsa tanzen. Doch ich möchte ein Mal vernünftig sein. Ich kann ja nicht jeden Abend feiern gehen 😅 Außerdem muss ich packen und möchte die 16 Flugstunden Morgen auch gut überstehen! Ich esse mit Svenja wieder im Hostel, bevor ich schließlich packe. Dabei schnacke ich noch mit Iva, der jungen Finnin, die inzwischen mit uns im Zimmer ist. Ach ist das traurig, dass ich schon gehe, auch wenn es sich nach Wochen angefühlt hat. Immer das Gleiche mit mir, nie will ich am Ende irgendwo wieder weg 😞 Ich gehe nur nochmal kurz raus und treffe zufällig Niels und Maikel. Ich dachte, die machen längst alle Bars der Stadt unsicher. Wir landen wieder am Billiardtisch und ich freue mich, dass wir noch ein wenig Zeit zusammen verbringen. Es gibt einfach Menschen, mit denen man gerne zusammen ist und es sich anfühlt, als kenne man sich schon ewig. Und als sie sich zu später Stunde dann doch noch aufmachen, verabschieden wir uns erneut nicht, sondern wollen Morgen, bevor es für mich weitergeht, zusammen Cable Car fahren. Ich kann schließlich unmöglich San Francisco verlassen, ohne das Wichtigste getan zu haben.
Ich frühstücke noch ein letztes Mal mit Svenja, sehe nochmals alle, die ich in dieser kurzen Zeit kennen gelernt habe und mache mich dann mit den Jungs auf den Weg. Wir gehen einige Straßen ab, wollen wir doch schließlich ein besonders schönes Stück mit der berühmten Straßenbahn fahren. Und das geht immer nur stückweise für 7 Dollar in eine Richtung. Ich bin ja im Entscheidungen treffen schon nicht der Hit, aber zu dritt sind wir auch nicht entscheidungsfreudiger. So kommt es, dass wir erst einmal wieder in Hafennähe landen, Ziel: Ghiradelli Chocolate Company. Das große Areal der Tochtergesellschaft von Lindt und Sprüngli ist beachtlich und ein „must see“ in der Stadt. Und natürlich kaufen wir auch Schokolade, obwohl das eigentlich keinen Sinn macht, da es draußen viel zu warm ist und ich heute abfliege. Was soll’s, wir machen ein Picknick draus. Jeder pickt sich seine Lieblingsschoki aus und wir gehen ans Wasser, dort unter einen Baum in den Schatten und – essen Schokolade 😁 Und danach finden wir definitiv das beste und längste Stück, das wir mit der Cable Car fahren können. Das sind wirklich historische Trams, die noch ganz ursprünglich handbetrieben werden. Wie lustig, die Jungs „hängen“ außen am Wagen, ich sitze und es ist einfach ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Einen schöneren Abschluss hätte ich nicht haben können, insgesamt eine schönere Zeit nicht. San Francisco gehört definitiv zu meinen Highlights und jetzt zudem zu meinen Top 3 Großstädten. Großstadt… gar nicht mehr so schlimm übrigens 😎 Ich verabschiede mich von den Jungs und bin nur halb traurig, weil ich mir ganz sicher bin, dass wir uns wiedersehen. Holland ist ja nicht Amerika, wir sind ja schließlich Nachbarn 😊 Es erinnert mich alles ein bisschen an Melbourne, als ich am letzten Abend Ian und Bruno kennen gelernt habe und wir am Tag meines Abflugs noch durch den Botanischen Garten spaziert sind. Sie sehe ich, wie es scheint, auch wieder, denn ich fliege heute nach… Sydney.