Morgens erst sehe ich, wo wir hier sind, da es bei Ankunft ja dunkel war. Wow! Reisfelder und Grün soweit das Auge reicht. Ich bin einfach sehr auf Grün „gepolt“ und es ist einfach ein Traum. Ein kleines Dorf, in dem die Häuser mehrere hundert Meter auseinander stehen, mit einer schmalen Straße, gefühlt unendlich lang. Links und rechts davon die Felder und dazwischen immer wieder Palmen und Tümpel, in denen Seerosen und Wasserspinat wachsen. Auf den Strommasten sitzen Vögel, auch exotische, die den australischen Kookaburras ähneln, mit blau schimmerndem Gefieder. Über den Feldern eine Mischung aus Wildgänsen und Störchen. Ich gehe ein paar Schritte und sauge alles in mich auf. Es fühlt sich so unglaublich friedlich hier an.

Mittags fahren wir in den nächstgelegenen Ort und „besteigen“ den Lin-Tower, einen kleinen Turm, der an den schiefen von Pisa erinnert, weil er es selbst auch ist. Als ich ankomme, soll ich mich, wie die anderen Gäste auch, ins Gästebuch eintragen, mit dem Unterschied, dass sie ein Foto von mir machen möchten 😁 Touristen als solche scheinen hier eher eine Seltenheit und zum ersten Mal merke ich, dass ich immer wieder angeschaut werde, als wäre ich von einem anderen Planeten. Ich finde das lustig. Wie fast schon üblich die letzten Tage, essen wir auch heute die ganze Zeit und probieren dieses und jenes.
Abends genieße ich einen Spaziergang im Sonnenuntergang und das Schreiben auf der Terrasse vor dem großen Haus. Hier könnte ich eine Weile bleiben. Okay, an diesem Abend nur so lange, bis mir die gierigen Insekten zu lästig werden.

Wieder recherchiere ich lange wegen Singapur und freue mich, dass ich Rückmeldungen auf meinen kleinen Aufruf bekomme. Es reicht von mit-recherchieren, über Cousin, der dort verheiratet ist, kontaktieren, andere fragen, die bereits dort waren und Kontaktadressen von Organisationen und Korrespondenten erhalten. 1000 DANK, ich bin gerührt, wie Viele mit mir sind und mich nach Möglichkeiten unterstützen!!
Es ist schon spät und ich muss mal darüber schlafen bzw. ja auch die Rückmeldungen abwarten.

Es ist recht früh, als wir losfahren, um eine Nacht auf Pangkor zu verbringen. Spricht sich aus wie der Bezirk Pankow in Berlin, ist aber eine Insel auf der Westseite von Malaysia. Eine Insel, die scheinbar zu 99% von Einheimischen besucht wird und wieder merke ich es an den Blicken. Es sind gar nicht „komische“ Blicke, eher interessiert und fragend. Eine „weiße“ mit drei Malayinnen, davon eine mit Kopftuch, eine von Welt, die wiederum beäugt wird, weil sie keines trägt und ein Kind. Ja, es muss interessant aussehen. Und es erreicht am Abend dann seinen Höhepunkt. An der Straße, die direkt am Strand liegt, gibt es Live-Musik. Ein paar Mädchen beobachten mich, kichern herum, winken immer wieder und bedeuten mir, ich solle doch auch singen. Herrlich, wenn die wüssten, wie wenig ich singen kann 😆 Ich merke, dass auch eine Gruppe von Frauen immer wieder schaut, als eine von ihnen kommt und sagt, ich solle tanzen. Wer mich kennt, weiß was ich tue: genau, ich mache mit. Zusammen geben wir also Alles und werden gefeiert und gefilmt. Inzwischen ist nicht mehr die Band im Vordergrund, sondern wir zwei. Später wollen alle noch Fotos mit mir machen und einen Moment lang fühle ich mich regelrecht besonders. Einige scheinen auch verwundert über meine indischen Malereien auf der Hand. Die haben wir uns for fun aufmalen lassen und es gefällt mir richtig. Auf jeden Fall scheine ich einige Rätsel aufzugeben. Wenn ich gefragt werde, löse ich sie auf, den anderen bleibt die eigene Fantasie.
Ein schöner Kurztrip auf einer einheimischen Sonne-Strand-und-Palmen- Insel, die noch viel Potential hat und doch irgendwie sehr ursprünglich ist mit ihrem Fischerdorf, den vielen Streetfood-Ständen, den kleinen Bootstouren inklusive Schnorcheln, was ich auch mache (liebe Perhentian-Jungs, habt ihr das gelesen 😉). Ach ja, und immer wenn ich glaube, ich habe den schönsten Sonnenuntergang schon gesehen, kommt einer mit noch mehr Wow-Effekt. Auch daran kann ich mich nicht satt sehen.

Bevor ich schlafe, kommen wieder meine ganzen Singapur-Gedanken und wieder recherchiere ich und überlege, was die beste Lösung für mich ist. Eigentlich weiß ich es und bin klar, denn irgendein Gefühl hält mich so dermaßen davon ab, ins Stadtzentrum zu gehen und außerhalb gibt es eben nur diese teuren Hotels. Ich versuche es wirklich mit den Hostels und wenn ich denke „ach komm, das geht schon und dann bist Du mittendrin, das ist doch gar nicht schlecht“, lese ich wieder wie dreckig die Sanitäranlagen sind, wie ungemütlich und eklig die Betten bis hin zu, dass die Gegend sich am Abend in ein Rotlichtviertel verwandelt. Ich kann viel und auch echt einfach, aber schmutzig geht für mich nicht und will ich auch nicht.
Es ist, als säßen Engelchen und Teufelchen auf meiner Schulter. Denn eigentlich weiß ich, dass ich genau das Hotel möchte, aber dann die quälenden Gedanken ob des Geldes. Inzwischen meldet sich auch keiner mehr zurück, denn es ist für mich klar, ich muss jetzt selbst eine Entscheidung treffen. Und ich weiß genau, worum es geht: bin ich es mir wert… Es wird so quälend, dass ich am nächsten Tag auf der Fähre zurück aufs Festland kein Wort spreche, für mich bleibe, aufs Meer starre und Tränen in den Augen habe. Und es ist wohl weit mehr, als diese eine Entscheidung, das Hotel oder das Geld. Ich frage mich, was mich wirklich belastet und was mit mir los ist. Ich fühle mich irgendwie kraftlos und in dem Moment frage ich mich, was mich im Leben eigentlich so müde gemacht hat, wo meine immense Kraft ist, was ich suche, was ich brauche, wonach ich mich sehne und wo genau nochmal mein Platz war. Emotionen volle Wucht.
Ich sage Airin später, was mit mir los ist, damit sie sich nicht wundert. Sie versteht es zwar, setzt sich selbst, wie es mir scheint, allerdings eher oberflächlich mit diesen Fragen auseinander. So hat eben jeder seine Schutzmechanismen. Wir sind insgesamt neun Stunden unterwegs, da wir wieder Autos hin- und herwechseln, an allen Häusern vorbei fahren und schließlich Ashkin im Zentrum von Kuala Lumpur Zuhause absetzen. Irgendwie bin ich genervt, es sind wieder einmal Kopfschmerzen im Anmarsch und da mich keine 18 Stunden mehr von Singapur trennen, schreibe ich in meiner Verzweiflung meinem portugiesischen Freund, der im IT-Bereich eines Reisebüros arbeitet und frage ihn, ob sie dieses eine Hotel führen und zu welchem Preis. Wer weiß, vielleicht ja günstiger als über die deutschen Online-Buchungsplattformen. Tatsächlich ist es jedoch teurer. Andere Hotels, die er mir anbietet, sind wieder im Zentrum und da ich jetzt entscheiden muss, bedanke ich mich und schreibe ihm, dass mein Akku fast leer, mein Kopf voll ist und ich einfach die erste Nacht buche, da diese verhältnismäßig günstig ist und dann weiterschaue bzw. mich dann eventuell nochmals melde. Zwei Minuten später schreibt er, er hätte die erste Nacht inklusive Frühstück für mich gebucht und es sei sein Geschenk für mich. Uff. So war das nicht gedacht und wieder kämpfe ich mit Tränen… dieses Mal solche der Dankbarkeit: für Freunde, Unterstützung und regelrechte Geschenke des Himmels.

Bis wir „daheim“ sind, ist es 21 Uhr, ich packe meine Sachen bzw. miste nochmals aus, um ein zweites Päckchen zum Zurückschicken zu richten, dusche und nehme meine gefühlt für heute letzte Kraft zusammen, um mich bei Airin und Juveeta mit ein paar Sätzen und einer kleiner Zusammenfassung der Tage, die mir vorkommen wie Wochen, zu bedanken, bevor ich mich total erschöpft hinlege. Inzwischen habe ich eine Migräne-Attacke und mir ist so dermaßen schlecht, dass ich kaum in den Schlaf finde. Kurz frage ich mich, wie ich so früh aufstehen und dann auch noch fliegen soll. Das müssen meine letzten Gedanken gewesen sein, bevor ich dankenswerterweise irgendwann ein- und morgens fast verschlafe…