Die Flüge werden immer kürzer, irgendwie auch schön. Es ist das dritte Mal, dass ich auf der Reise am Flughafen von jemandem mir bekannten „empfangen“ werde. Und es ist nicht irgendjemand, es ist meine herzensgute liebenswerte Freundin Beate. Wir haben uns oft gehört, doch nun eben auch schon elf Monate nicht gesehen. Das Gute: wir erkennen uns wieder 😄 Sie hatte es sich nach ihrer Ankunft, eine Stunde zuvor, in einem Café gemütlich gemacht und probiert auf Empfehlung schon mal eine dieser typisch schwedischen Zimtschnecken. Da kann ich glatt froh sein, dass ich auch noch ein bisschen Aufmerksamkeit bekomme 🤣 Ach wie ist das Wiedersehen schön. Vor lauter Plappern vergesse ich fast, was ich am Flughafen alles erledigen wollte. Zum Glück hat Beate das noch auf dem Schirm und so holen wir Schwedische Kronen, eine Wochenfahrkarte und ganz wichtig: Tonic Water für den Gin, den sie vom Frankfurter Flughafen mitgebracht hat. Was sie noch mit im Gepäck hat, schreibe ich mal lieber nicht, sonst werde ich am Ende noch verdächtigt, ein Alkoholproblem zu haben 🤪 Dabei war das noch nicht mal meine „Bestellung“ 😆 Mit guten Freunden muss man eben trinken, mit Fremden natürlich auch 😉
Die Fahrt und der Weg zu unserer Unterkunft ist die längste und komplizierteste, seit ich Deutschland letztes Jahr verlassen habe: ca. zwei Stunden sind wir unterwegs, mit Bahn, Tram, Bus und zu Fuß. Letzteres auf einem so steilen Stück, dass ich kurz davor bin, den Rucksack im Grünen stehen zu lassen, wobei es Beate mit ihrem Koffer nicht anders geht. Doch so haben wir es gewollt und die Entscheidung war goldrichtig, denn wir stehen am Ende vor einer kleinen schwedischen Holzhütte mitten in der Natur! Winzig klein und doch ist drinnen alles vorhanden was es braucht. Herrlich. Und so stehen die ersten zwei Tage ganz unter dem Motto: durchatmen, austauschen, spazieren gehen, genießen. Schließlich wird es uns doch zu ruhig, zum Baden im See reicht weder die Temperatur noch finden wir den „richtigen“ und so fahren wir mit dem Bus in die Stadt, nehmen ein Boot, um auf eine der 14 Inseln Stockholms, Djurgarden, zu gelangen und dort ins ABBA-Museum zu gehen. Ich bin ja, wie ihr wisst, nicht ein allzu großer Fan von Museen, doch ich liebe die Musik von ABBA und komme hier voll und ganz auf meine Kosten. Ein geniales interaktives Museum, das von der Vita der einzelnen Musiker, über die Entstehung der Band und dazu allerlei Anschauliches im Original zu bieten hat. Ich stehe außerdem mit Agnetha, Björn, Benny und Anni-Frid selbst auf der Bühne, außerdem singen Beate und ich ein Stück gemeinsam. Okay, zugegeben lachen wir mehr, als dass wir singen, aber was zählt, ist schließlich der Spaß. Und den haben wir, definitiv. Mehr als zwei Stunden verweilen wir hier, bevor wir etwas snacken und dann den Fußweg zurück nehmen, denn zumeist gibt es von Insel zu Insel auch Brücken. Unser Weg führt durch einen Park, am gigantischen Bau des Nordischen Museums vorbei und bietet uns einen genialen Blick auf diese wunderschöne Stadt Stockholm. Alte Prachtbauten, die alle erhalten sind, das Wasser, der Königspalast und wahrlich wirkt die gesamte Stadt königlich und erhaben. Für mich eine Mischung aus Salzburg, Wien und Hamburg. Da wir nun ganz auf der anderen Seite sind, von der wir kamen, nehmen wir die historische Straßenbahn, die mich sehr an die Cable Car in San Francisco erinnert, mit dem Unterschied, dass hier alles flach ist, und fahren zurück nach Gamla Stan, dem Herzen Stockholms. Hier bummeln wir durch die Altstadt, deren Boutiquen und Souvenirläden, gönnen uns Kaffee und leckeren Kuchen, besuchen die Schlosskirche des Palastes. Beate ist hin und weg, erkennt sie doch alles, was sie zur Prinzenhochzeit im Fernsehen gesehen hat. Ich kenne mich mit den adligen Vereinigungen und Königshäusern da weniger aus 😬 Bevor wir mit dem Bus wieder in die Einöde zurück fahren, geht es noch auf die Rooftop-Bar „Gondolen“. Da ich vergessen hatte, dass Beate es nicht so mit der Höhe hat, nehme ich lediglich ein paar Bilder der Stadt zur Abenddämmerung in mich auf, mache zwei, drei Bilder und dann sind wir auch schon wieder unten.

Es ist Freitag und heute steht „durch die Stadt bummeln“ auf dem Programm, was bei Frauen ja doch meistens im „Shoppingwahn“ endet 😆 Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich tatsächlich das Bedürfnis nach ein paar neuen Klamotten habe, auch mal wieder was Schickeres, das zum Reisen unpraktisch oder zu hell ist, wie beispielsweise ein weißes Kleid 😍 Ich habe wohl gelernt, mit weniger und einfacher klar zu kommen, aber so ein weibliches Grundbedürfnis bleibt nun mal eben bestehen. Und was wäre ein Stadtbummel ohne Kaffee und schwedischen Zimtschnecken, bevor wir Kaufhäuser und allerlei uns unbekannter Boutiquen durchforsten wie Detektive – ganz akribisch, um ja nicht „das Teil der Teile“ zu übersehen 🤣 Mit der ein oder anderen Tüte beladen, landen wir heute in der Nonplusultra-Rooftop-Bar „Tak“, die nicht nur einen unglaublichen 360° Blick über ganz Stockholm bietet, sondern auch sonst einiges zum Bestaunen hat… alter Schwede, sehen die gut aus 😋 Und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum es Beate gelingt, die Glasbrücke zwischen den beiden Hochhäusern im 16. Stock zu überqueren 😆

Am nächsten Morgen ziehen wir um. Ich habe nun ja wahrlich alles an Unterkünften gehabt, aber das hier noch nicht, denn wir nisten uns auf einem angelegten Boot ein! Und sind von der Kajüte völlig angetan: klein, doch groß genug, komfortabel und aus dem Fenster haben wir Blick auf die am Wasser liegende prunkvolle Altstadt. Und da ich im Stockbett oben schlafe, habe ich den Blick sogar aus dem Bett 😊 Heute zieht es uns in andere Teile, die wir erneut zu Fuß erkunden. Und immer wieder stehen wir vor einer Kirche, einem Theaterhaus, der Oper und anderen kulturellen Einrichtungen, bei denen einem der Mund ob der detaillierten Bauweise, der angebrachten Skulpturen oder Malereien offen stehen bleibt.
Heute spielen die deutschen gegen die schwedischen Frauen im Viertelfinale der Fußball-WM und es zieht uns am Abend erneut in die „Tak“-Bar. Wir sind erstaunt, dass dieses Ereignis hier genauso viel Bedeutung hat wie bei uns die WM der Männer und schauen mit, wenngleich die deutschen Fans natürlich in der Minderzahl sind. Schade, dass Deutschland verliert, doch wir können uns für die Schweden mitfreuen, die es, nach vielen Jahren mit einem Sieg, jetzt ordentlich krachen lassen. Wir ziehen weiter, landen in einer Kneipe, in der gute Musik läuft, und setzen uns an die Bar. Etwas erstaunt sind wir über eine Gruppe von Menschen in peruanischen Trikots, die anfangen, die Wände mit ihren Flaggen zu behängen und mit aufblasbaren Alpakas herumfuchteln. Wir werden aufgeklärt: es findet gleich das Viertelfinalspiel des Copa America statt, in dem Peru gegen Uruguay spielt. Wir erfahren weiter, dass in Schweden viele Südamerikaner leben, kommen mit einigen ins Gespräch, fiebern beim Spiel mit und fallen den Peruanern nach ihrem Sieg regelrecht um den Hals. Patrik, ein Schwede mit peruanischen Wurzeln, der während des Spiels ebenfalls an der Bar gesessen hat, fragt, ob wir mit weiterziehen. Beate ermuntert mich mitzugehen, während sie selbst zurück aufs Boot möchte. Ich weiß erst nicht so recht, doch ich bin ja seit Wochen im Feiermodus und den kann ich nicht einfach abrupt enden lassen und gehe also mit 😆 Eine kleine gemischte Gruppe von Schweden und Peruanern, mit denen ich mich über das Reisen austausche, viel über Schweden und das Leben hier erzählt bekomme, die mich schließlich in die beste Bar Stockholms mitnehmen und mir die Stadt bei Nacht zeigen. Und wir sind wirklich die halbe Nacht unterwegs 😆 Auch hier ist es nicht allzu lange dunkel, weswegen man sich schlicht in der Zeit vertut und auch wesentlich fitter fühlt, auch wenn der Morgen schon naht. Bevor ich auf das Boot zurückkehre mache ich noch Bilder von einem außergewöhnlichen Himmel, den man so nicht oft sieht – was für ein glücklicher Moment. Verwundert bin ich allerdings, dass Beate nicht schläft, als ich wiederkomme. Sie wird sich doch keine Sorgen gemacht haben? Ooh je, nein, die Arme reagiert auf das Schaukeln des Bootes 🤪 Das ist auch der Grund, dass sie morgens, als ich gerade die Augen öffne, schon geschniegelt und gestriegelt da steht, um das Boot zu verlassen. Sie möchte in die Schlosskapelle zum Gottesdienst. Ich merke das Schaukeln inzwischen wohl auch, doch ich fühle mich noch nicht im Stande aufzustehen und so verabreden wir uns für danach. Wir verbringen den Tag wieder draußen und auch am Abend setzen wir uns raus, genießen ein Glas Wein im Sonnenuntergang und zögern das in die Kajüte Gehen so lange es geht hinaus. Die zweite und letzte Nacht verläuft glücklicherweise angenehmer und doch passt es dann auch, in die dritte Unterkunft unseres Aufenthaltes zu wechseln. Ein günstiges Stadthotel. Beim Betreten des Zimmers ist das Gelächter groß, denn das Zimmer ist kleiner als unsere Kajüte. So what, wir sind ja nur zum Schlafen hier.
Da wir beide riesengroßer Inga Lindström-Fan sind – und ich stehe dazu genau so wie zu ABBA und der Schlagermusik 😜 – ist ein Ausflug zu den Stockholmer Schärengarten ein Muss für uns. Es ist die größte Inselgruppe Schwedens, die zweitgrößte der Ostsee und besteht aus ca. 24.000 (!) Inseln. Wir machen es uns auf dem großen Boot draußen gemütlich, genießen den Blick auf die Stadt, während wir uns immer weiter von ihr entfernen. War es die letzten Tage doch herrlich sonnig, ist es heute etwas bewölkt und windig und so schön es draußen ist, müssen wir irgendwann nach drinnen umziehen. Der Blick auf diese vielen kleinen Inseln, die wir aus dem Fernseher so gut kennen, sind eine Augenweide. Dazu die vielen kleinen, zumeist roten oder auch gelben Blockhütten, vor denen oftmals eine schwedische Flagge im Wind weht – ein Träumchen. Und irgendwann mache ich mal Urlaub auf genau so einer kleinen Insel, bestenfalls so romantisch wie es unsere Schmonzettenfilme zeigen 😅 Immer wieder gehen wir zum Foto Schießen raus, wenngleich sich diese Atmosphäre und Schönheit überhaupt nicht einfangen lässt, man muss es gesehen haben.
Da wir nicht genug vom Boot fahren bekommen können, nehmen wir noch das Angebot von Johanna an, die sich ihr Geld derzeit auf einem solchen verdient. Ich habe Johanna im Hostel auf Borneo kennen gelernt, sie hat auf Instagram gesehen, dass ich in Stockholm bin und sich sofort gemeldet. Wie schön ist das bitte! Wir drücken uns ganz dolle, erzählen uns gegenseitig, was wir beide seit September erlebt haben, sie bringt Beate und mir Kaffee und Zimtschnecken und gibt uns ein paar Infos über das, was wir auf der Kanaltour so alles sehen. Die Zeit ist viel zu kurz, doch wir sind uns sicher, dass wir uns wiedersehen werden. Und ich bin nach wie vor voller Respekt für diese junge positive Frau, die das „Schicksal Krebs“ überwunden hat und nun das Leben lebt, was sie erfüllt, auch wenn es nicht ganz der vermeintlichen „Normalität“ entspricht. So verdient sie sich ihr Geld im Sommer mit Jobs wie auf dem Boot, im Winter war sie in der Schweiz als Servicekraft und dazwischen bereist sie die Welt, vorzugsweise Asien, wo sie die Menschen und Tiere liebt. Was für ein schöner Tag ☺

Wir legen nochmals einen Bummeltag ein und spätestens heute haben wir dann vermutlich alle Gegenden, Geschäfte und Kaufhäuser durchstöbert 😅 Und doch gibt es immer wieder etwas Neues zu entdecken. Zugegeben, wir finden nicht alles selbst. So treffen wir heute nochmals Patrik, den schwedischen Peruaner, der uns das Rathaus zeigt, in dem jährlich das Festessen anlässlich der Verleihung der Nobelpreise stattfindet, außerdem zeigt er uns eine Reihe von Bars auf Booten. Wir gehen lieber in eine auf festem Grund und tauschen uns nochmals über Dieses und Jenes aus. Lustig, jemanden zu treffen, der den Besuch Baden-Badens auf seiner Bucket List hat. Insofern scheint auch hier ein Wiedersehen gewiss.

Für unseren letzten Tag haben wir nochmals etwas ganz Besonderes vor. Aber vorher starten wir den Morgen, wie so oft, im „Joe & The Juice“, eine Café-Kette, die vor allem für frische Säfte steht. Überhaupt findet man hier an jeder Ecke frisch Gepresstes und Kreiertes, so lecker. Und dann machen wir eine Zeitreise… zurück in unsere Kindheit. Das fängt damit an, dass wir uns einen E-Roller mieten, den wir zu zweit fahren und wo ich mich mal wieder kringelig lache, so, dass das ganze Teil wackelt. Beate meistert das dennoch großartig und fährt uns sicher nach „Junibacken“, einem Museum, das den Helden der schwedischen Kinderliteratur, vor allem aber den Figuren aus Astrid Lindgrens Phantasiewelt gewidmet ist. Fast fühlt es sich an, als würden wir zwischen all den Kindern gar nicht auffallen, die in der Werkstatt von Pettersson & Findus oder auf den Häusern, über denen Nils Karlsson fliegt, herumtollen. Da wo wir hinein passen, erkunden wir die Welt der Leichtigkeit und Freude auch selbst. Das Highlight schlechthin ist natürlich die Villa Kunterbunt, von der ich selbst nicht genug kriegen kann, habe ich doch Pippi Langstrumpf immer geschaut und geliebt. Ein Musical, das von Kindern aufgeführt wird, rührt mich zu Tränen, auch, all diese vielen Kinder zu sehen, wie sie mit aufgerissenen Augen da sitzen und dann wieder ganz unbeschwert lachen. Zum Abschluss fahren wir noch mit der Märchenbahn durch all die Geschichten, die erzählt und bildlich in Form von Figuren und Landschaften dargestellt werden, unter anderem Michel aus Lönneberga und zu meiner Freude Ronja Räubertochter mit den Rumpelwichten. Wie schön dieses kleine bisschen Kindheit, in die wir hier zurückkehren durften. Und das „Innere Kind“ freut sich auch ☺

So vielfältig ist diese Stadt, so viel hat sie zu bieten. Und da wir für ein ausgiebiges Abschlussessen nach erneuten zehn Kilometern zu Fuß zu müde sind, holen wir uns eine überdrüber leckere hawaiianische Poke Bowl und schauen uns in unserem kleinen, aber feinen Zimmer noch einen Inga Lindström-Film an und freuen uns, genau da zu sein, wo wir sonst immer von schwärmen 😄
Herzensdank liebe Beate für wundervolle Tage, die ausgefüllter und erfüllter nicht hätten sein können und für all Deine liebe Unterstützung! Und sobald ich da bin, gleich freitags, führen wir unser jeweiliges „Teil der Teile“ aus und genießen eine schön gekühlte Rieslingschorle (die sie halt einfach nur bei uns können!) in unserer Lieblingsbar in Baden-Baden – ich freu mich! 😘